Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Werkvertrag. Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Macht ein Arbeitnehmer erst nach circa 14 Jahren geltend, dass zwischen ihm und seinem Arbeitgeber Kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG begründet worden ist, so kann dieser Anspruch gemäß § 242 BGB verwirkt sein.

2) Das die Verwirkung begründende Umstandsmoment ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag bzw. Arbeitsvertragsergänzungen ein späteres Eintrittsdatum akzeptiert hat.

 

Normenkette

AÜG § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 16.08.2001; Aktenzeichen 1 Ca 542/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.2003; Aktenzeichen 3 AZR 160/02)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 16.08.2001 – 1 Ca 542/01 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3) Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen kraft gesetzlicher Fiktion seit dem 03.10.1977 ein Arbeitsverhältnis bestand.

Der am 20.10.1956 geborene Kläger war seit dem 03.10.1977 als Stahlbaumontagearbeiter bei der Firma K. AG in G. beschäftigt. Er wurde ab dem 01.07.1984 von der Firma K.K. Instandhaltungsservice GmbH unter Anrechnung seiner Vordienstzeiten übernommen.

Nach Aufnahme seiner Tätigkeiten für die K. AG bzw. später für die K. K. Instandhaltungsservice GmbH war der Kläger ausschließlich auf dem Betriebsgelände der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin im Kraftwerk E.K. eingesetzt. Die Einzelheiten seiner Tätigkeiten dort sind zwischen den Parteien streitig.

Auf Wunsch des Klägers beendeten er und die Firma K. K. Instandhaltungsservice GmbH mit Wirkung zum 30.09.1986 einvernehmlich das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis. Unter dem 29.09.1986 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Kläger alsdann einen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger ab dem 01.10.1986 als Kraftwerker in E.-K. für die Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig wurde.

In dem Anstellungsvertrag (Bl. 113 ff. d. A.) heißt es unter anderem:

3. Vergütung

e) Die Betriebszugehörigkeit zum R. rechnet ab 01.10.1986.

6. Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung

Die bisher gültigen R.-Ruhegeld-Richtlinien sind mit Wirkung zum 31.03.1986 gekündigt worden. Das bedeutet, dass Sie zur Zeit einen Anspruch auf Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nicht haben. Es ist jedoch beabsichtigt, die mit dem Gesamtbetriebsrat noch zu treffende Vereinbarung mit Wirkung ab 01.04.1986 in Kraft zu setzen, so dass Sie dann rückwirkend vom Zeitpunkt Ihres Eintritts nach Maßgabe der Neuregelung versorgungsberechtigt sind.

11. Probezeit und Kündigung

Die ersten drei Monate Ihrer Beschäftigung gelten als Probezeit.

Unter dem 16.04.1987 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit, dass er unter Beibehaltung seiner Tabellenvergütung und seines Tätigkeitsbildes ins Kraftwerk H. versetzt würde. Mit einem weiteren Schreiben vom 12.07.1994 informierte die Beklagte den Kläger über ab dem 01.09.1994 geltende neue Vertragsbedingungen, wonach er nunmehr im Werk F. weiterbeschäftigt werden sollte. In dem Schreiben heißt es darüber hinaus unter anderem:

3. Vergütung

e) Die Betriebszugehörigkeit zur R. Energie AG rechnet ab 01.10.1986.

6. Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung

Sie erhalten eine Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien.

Demgemäß sind für Sie zurzeit die Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung vom 19.12.1989 maßgebend.

Als Beginn des Ruhegelddienstalters gilt der 01.10.1986.

Der Kläger erklärte sich durch seine Unterschrift vom 26.07.1994 mit den Vertragsänderungen einverstanden.

Mit Schreiben vom 12.01.2000 (Bl. 11 d. A.) wandte er sich alsdann an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und bat unter Hinweis auf seine seit dem 03.10.1977 erbrachten Tätigkeiten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten um ein „Überdenken” seines Eintrittsdatums vom 01.10.1986. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten lehnte dies mit Schreiben vom 10.02.2000 ab und verwies darauf, dass die „Firma K. nicht zum Konzern” gehöre.

Am 01.04.2000 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 613 a BGB auf die jetzige Beklagte über.

Mit seiner am 06.02.2001 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Klage hat der Kläger letztlich die Feststellung begehrt, dass er bereits seit dem 03.10.1977 betriebszugehörig bei der Beklagten beschäftigt ist.

Er hat sich auf § 10 AÜG berufen und vorgetragen, er sei von Anfang an im Rahmen einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig gewesen, ohne dass die Firma K. K. hierfür die notwendige Erlaubnis besessen hätte. Der Kläger hat behauptet, er sei zwischen 1977 und 1986 vollständig in den Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten in E.-K. eingegliedert gewesen. Urlaub, Freistellungen oder sonstige geldwerte Leistungen seien von de...

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