Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsanspruch gemäß § 717 Abs. 2 und 3 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erstattungsanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO ist auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes gerichtet. Er geht auf den Ersatz des vollen Vollstreckungsschadens. Insofern ist der Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund Urteils gezahlten Bruttobeträge nicht auf den Nettobetrag beschränkt, den der Arbeitnehmer erlangt hat, sondern es können neben den darauf entrichteten Steuern einschließlich des Solidaritätszuschlags nebst Zinsen (BAG 18.12.2008 – 8 AZR 105/08 – AP ZPO § 717 Nr. 9) auch die zu Gunsten des Arbeitnehmers abgeführten Arbeitnehmeranteile zu Sozialversicherung direkt vom Arbeitnehmer zurückverlangt werden (vgl. auch LAG Hessen 28.01.2011 – 3 Sa 960/10 – Nichtzulassungsbeschwerde, BAG, Az – 8 AZN 725/11).

2. Der Erstattungsanspruch nach § 717 Abs. 3 ZPO verweist auf die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht. Nach bereicherungsrechtliche Grundsätze (BGH 05.05.2011 – IX ZR 176/10 WM 2011, 1233) erstreckt sich die Herausgabepflicht auf das Erlangte (§ 818 Abs. 1 BGB). Abgeführte Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung hat der Arbeitnehmer nicht i.S.d. Vorschrift erlangt. Bis zur Erstattung der Beiträge an den Arbeitnehmer durch den Sozialversicherungsträger kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nur Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB), also nur die Abtretung des Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge verlangen (BAG 29.03.2001 – 6 AZR 653/09 – AP Nr. 1 zu § 26 SGB IV).

 

Normenkette

ZPO § 717 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 11.06.2008; Aktenzeichen 3 Ca 152/08 lev)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 11.06.2008, Az. 3 Ca 152/08 lev, abgeändert und im

Folgenden neu gefasst:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 67.921,90 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 79.599,86 EUR vom 25.08.2008 bis zum 26.04.2010 und ab dem 27.04.2010 von 67.921,90 EUR.
  3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 11.677, 96 EUR erledigt ist.
  4. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
  5. Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz hat der Kläger zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 %.
  6. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
 

Tatbestand

Der Kläger wurde aufgrund des Arbeitsvertrages vom 14.06.1973 zum 01.07.1973 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B. H. AG, eingestellt. Er war zuletzt im Bereich Consumer Imaging (CI) der B. Deutschland Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG tätig, der zum 01. 11. 2004 ausgegliedert und auf die neu gegründete B. Photo Germany GmbH übertragen worden ist. Die B. Deutschland Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG wurde 2008 in die jetzige Beklagte umfirmiert.

Die B. Photo Germany GmbH kündigte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.03.2005. Unter dem Datum 30.05.2005 schlossen der Kläger und die B. Photo Germany GmbH eine Abwicklungsvereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005, die u.a. die Zahlung einer Abfindung und den unwiderruflichen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthielt.

Im Oktober 2005 stellte die B. Photo Germany GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Schreiben vom 21.12.2005 widersprach der Kläger dem Betriebsübergang auf die B. Photo Germany GmbH. Am 22.12.2005 wurde über das Vermögen der B. Photo Germany GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Im Rechtstreit über die Wirksamkeit des Widerspruchs, den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und Zahlungsansprüche des Klägers wurde die Klage durch Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 14.03. 2007 – 3 Ca 522/06 lev – abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten wurde die Entscheidung durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.8.2007 – 5 Sa 928/07 – teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht. Darüber hinaus wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger die Vergütung für die Monate Januar 2006 bis November 2006 in Höhe von 5.366,61 EUR brutto abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld i.H.v. 2.105, 40 EUR netto pro Monat nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Auf die Revision der Beklagten wurde das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.11.2009 – 8 AZR 751/07 – teilweise aufgehoben, soweit es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen abgeändert hat. Darüber hinaus wurde die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen auch im Übrigen zurückgewiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wurde zurückgewiesen.

Mit der vorliegenden am 30.01. 2008 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrte der Kläger Urlaubsgeld für 2006 und 2007 i.H.v. jeweils 613...

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