Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer wegen der Nachentrichtung von Lohnsteuer. Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Erfüllung der Vergütungsansprüche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Anspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auf Regress für nachentrichtete Lohnsteuer.

2. Zur Abgrenzung einer Nettolohnvereinbarung von einer Schwarzgeldabrede.

3. Zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Nacherhebung von Lohnsteuern.

4. Eine im Haftungsbescheid des Finanzamts gegenüber dem Arbeitgeber festgestellte Steuerpflicht für Lohnzahlungen an den Arbeitnehmer unterliegt im arbeitsgerichtlichen Verfahren - abgesehen von Fällen der Nichtigkeit des Bescheides - grundsätzlich keiner Überprüfung.

5. Nimmt ein Arbeitnehmer längere Zeit Barzahlungen geringfügigen Lohns für sich und seine Ehefrau in Höhe von jeweils 400,- € monatlich für erbrachte Arbeitsleistungen widerspruchslos entgegen, handelt es sich um eine Annahme als Erfüllung der Lohnansprüche. Will der Arbeitnehmer diese Leistungen nicht mehr als Erfüllung gelten lassen, nachdem das Finanzamt die Zahlungen als zu 700,- € an ihn und zu 100,- € an seine Ehefrau geleistet ansah, und verlangt er nunmehr vom Arbeitgeber restliche Lohnzahlungen von monatlich 300,- €, hat er gemäß § 363 BGB darzulegen und zu beweisen, dass die Zahlungen unter Berücksichtigung der von ihm und seiner Ehefrau erbrachten Arbeitsleistungen keine vollständige Erfüllung der Lohnansprüche beider Eheleute darstellten.

 

Normenkette

BGB § 362; EStG § 42d; BGB §§ 363, 426

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 27.02.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1778/13)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 27.02.2014 - 4 Ca 1778/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind Regressansprüche wegen nachentrichteter Lohnsteuer.

Der Beklagte war in den Jahren 2009 bis 2011 bei der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigt. Zur gleichen Zeit war seine Ehefrau für die Klägerin tätig. Die Klägerin zahlte monatlich für die Tätigkeit des Beklagten und seiner Frau insgesamt 800,- € Lohn. Diesen Lohn übergab sie in der Regel dem Ehemann in bar. Steuerlich veranlagt wurden beide Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte mit einer monatlichen Vergütung von jeweils 400,- €. Entsprechend lauteten die Lohnabrechnungen.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt Oberhausen-Nord mit Prüfungsbericht vom 20.03.2012 fest, dass der Beklagte in den Jahren 2009 bis 2011 mit erheblichem Stundenaufwand, seine Ehefrau hingegen nur in geringem Umfang für die Klägerin tätig gewesen ist. Auf der Grundlage der festgestellten Verteilung der Arbeitsstunden rechnete das Finanzamt mit Zustimmung der Klägerin von den erbrachten Zahlungen monatlich jeweils 700,- € dem Beklagten und 100,- € dessen Ehefrau zu. Mit Haftungsbescheid vom 21.03.2012 zog es die Klägerin zu einer Nachzahlung von insgesamt 13.110,62 € heran, darunter Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Beklagten in Höhe von 3.586,08 € (2009 = 1.341,99 €, 2010 = 1.170,42 € und 2011 = 1.073,67 €). Über den Inhalt des Bescheides setzte die Klägerin den Beklagten unmittelbar nach Erhalt in einem persönlichen Gespräch in Kenntnis. Nach vollständiger Begleichung des im Haftungsbescheid festgesetzten Steuerrückstandes forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 31.05.2013 erfolglos zur Erstattung von 3.586,08 € auf.

Auf Antrag der Klägerin hat das Arbeitsgericht einen Mahnbescheid über 3.586,08 € erlassen, der dem Beklagten am 15.11.2013 zugestellt worden ist. Nach rechtzeitigem Widerspruch des Beklagten hat die Klägerin das streitige Verfahren vor dem Arbeitsgericht Oberhausen eingeleitet und die Auffassung vertreten, den Beklagten wegen des auf ihn entfallenden Teilbetrages von 3.586,08 € in Regress nehmen zu können. Der Beklagte habe in den Jahren 2009 bis 2011 gemäß den Feststellungen des Finanzamtes nicht als geringfügig Beschäftigter für sie gearbeitet.

Demgegenüber hat der Beklagte behauptet, der unbestrittene erhebliche Stundenaufwand sei über ein mit der Klägerin vereinbartes Stundenkonto ausgeglichen worden. Er hat geltend gemacht, in den Jahren 2009 bis 2011 nicht lohnsteuerpflichtig bei der Klägerin beschäftigt gewesen zu sein. Ein Regressanspruch bestehe daher nicht.

Mit Urteil vom 27.02.2014, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht antragsgemäß den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.586,08 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2013 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Der Klägerin stehe ein Regressanspruch aus §§ 426 Abs. 1 BGB i.V.m. 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG zu. Zwar hafte sie gemäß §§ 42 d Abs. 1 Nr. 1, 3 S. 1 EStG für die Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zusammen mit dem Beklagten gesamtschuldnerisch. Doch habe der Beklagte in Ermangelung einer Nettolohnvereinbarung die Steuer im Innen...

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