Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Beschäftigungssicherungsvertrages bei Nichterfüllung der eingegangenen Investitionsverpflichtung durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Tarifparteien einen Beschäftigungssicherungsvertrag geschlossen, wonach die wöchentliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich um 2,5 Stunden erhöht wird und der Arbeitgeber sich im Gegenzug unter anderem verpflichtet, Investitionen in bestimmter Höhe zu tätigen, so bestehen keine Ansprüche eines einzelnen Arbeitnehmers wegen Nichterfüllung der Investitionsverpflichtung, wenn die im Beschäftigungssicherungsvertrag vereinbarte Aufstellung der Investitionsvorhaben nachträglich nicht erstellt worden ist. In einem solchen Fall steht dem Arbeitnehmer insbesondere kein Anspruch auf Vergütung derjenigen Arbeitsstunden zu, die er zusätzlich geleistet hat.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Entscheidung vom 20.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1833/13)

 

Tenor

Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 20.05.2014 - 2 Ca 1833/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz allein noch darüber, ob der Kläger nachträglich Vergütung für Arbeitsleistung verlangen kann, die er während der Laufzeit eines Beschäftigungssicherungsvertrages als tarifvertraglich vorgesehenen Sanierungsbeitrag ohne Lohnausgleich über die reguläre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus geleistet hat.

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie und damit insbesondere auch der "Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (nachfolgend: EMTV)" Anwendung.

Der Kläger ist langjährig in einem in E. ansässigen Betrieb der Automobilzulieferindustrie beschäftigt gewesen. Betriebsinhaberin war zuletzt die Beklagte, die als ein zur international agierenden N. B. Group zählendes Unternehmen in Deutschland an drei Standorten (C., X. und E.) produzierte. Daneben existiert ein Schwesterbetrieb in I..

Nachdem im Jahre 2008 die damalige Betriebsinhaberin in Insolvenz geraten war, schlossen die seinerzeitige Erwerberin, der Arbeitgeberverband Metall NRW und die IG Metall unter dem 12.03.2008 einen "Betriebs- und Beschäftigungssicherungsvertrag" (nachfolgend: BTV), in dessen Vorbemerkung es wie folgt heißt:

Die Gesellschaft beabsichtigt, Vermögensgegenstände (Assets) der sich in der Insolvenz befindlichen B. Group J. Innomotive Systems Europe GmbH (nachfolgend "J. Innomotive") sowie der B. Group J. Industries GmbH (nachfolgend "J. Industries") zu erwerben.

Voraussetzung für den Vollzug der Transaktion ist für die Gesellschaft jedoch u. a., dass die IG Metall als für die Gesellschaften zuständige Gewerkschaft wie auch die Arbeitnehmervertreter und Arbeitnehmer der J. Innomotive, der J. Industries und der J. I. die erforderliche Restrukturierung aktiv unterstützen und erforderliche Sanierungsbeiträge erbringen.

Mit diesem Tarifvertrag beabsichtigen die Vereinbarungsparteien, die Voraussetzungen zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, um ein wettbewerbsfähiges, langfristig erfolgreiches Unternehmen der Automobilzulieferindustrie aufzubauen und des Weiteren zur Sicherung der Arbeitsplätze in dem aus dem Tarifvertrag ersichtlichen Umfang beizutragen.

Die wesentlichen inhaltlichen Regelungen des BTV lauten wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigten der Gesellschaft in den Betrieben C. (...), ... und E., auf die der Geltungsbereich des Einheitlichen Manteltarifvertrages (EMTV) der Metall- und Elektroindustrie NRW anzuwenden ist.

§ 3 Betriebs- und Beschäftigungssicherung

(4) [Betriebsbedingte Kündigungen] Während der Laufzeit dieses Tarifvertrages kann die Gesellschaft betriebsbedingte Kündigungen gegenüber den Beschäftigten nur mit Zustimmung der IG Metall ... wirksam aussprechen.

§ 4 Sanierungsbeiträge der Beschäftigten

(1) [Dauer der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit] Die regelmäßige betriebliche wöchentliche Arbeitszeit wird ab dem Zeitpunkt des Erwerbs auf 37,5 Stunden ohne Lohnausgleich erhöht; für die letzten sechs Monate der Laufzeit dieses Tarifvertrages beträgt die regelmäßige betriebliche wöchentliche Arbeitszeit 37,0 Stunden ohne Lohnausgleich. Nach Beendigung der Laufzeit des Tarifvertrags gilt wieder die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden.

§ 5 Investitionsverpflichtung

(1) [Betragsmäßige Festlegung] Die Gesellschaft wird nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrages bis zum 31.12.2012 in den Betrieben (C., X., E., I.) Investitionen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von mindestens Euro 40.000.000,-- tätigen. Eine Übersicht über den Investitionsrahmen in den einzelnen Betrieben wird diesem Tarifvertrag als Anlage bis zum 30.04.2008 als Bestandteil des Tarifvertrages beigefügt. Investitionen in diesem Sinne sind insbesondere aktivierungspflichtige Investitionen in das Anlagevermögen, soweit das ...

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