Entscheidungsstichwort (Thema)

Rufbereitschaftsvergütung in der Stahlindustrie als Grundlage der Benennung „regelmäßigen Arbeitsverdienstes”

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergütung für Rufbereitschaft i. S. von § 5 Ziff. 2 MTV Stahl ist als variabler Lohn- bzw. Gehaltsbestandteil in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes nach Maßgabe von § 20 Ziff. 1.2 MTV Stahl einzubeziehen; mit der Verwendung des Begriffs „Vergütung” in § 5 Ziff. 2 MTV Stahl ist nichts anderes bezeichnet als mit dem Begriff des „Arbeitsverdienstes” in § 20 MTV Stahl (im Anschluss an BAG, Urteil vom 20.06.2000 – 9 AZR 437/99 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge Stahlindustrie).

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 1; TVG §§ 1, 9; Manteltarifvertrag für die Arbeiter §§ 5, 20

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 23.10.2001; Aktenzeichen 12 Ca 3244/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.10.2003; Aktenzeichen 4 AZR 594/02)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.10.2001 – 12 Ca 3244/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auslegung des von ihnen abgeschlossenen Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen (MTV Stahl) vom 15.03.1989 i.d.F. vom 05.03.1997. Streitig ist, ob Rufbereitschaftsvergütungen i. S. des § 5 Ziffer 2 MTV Stahl bei der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes nach Maßgabe von § 20 MTV Stahl Berücksichtigung finden.

Der klagende Arbeitgeberverband vertritt die Auffassung, Rufbereitschaftsvergütungen seien in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes nach § 20 MTV Stahl nicht einzubeziehen. Die Rufbereitschaftsvergütungen seien insbesondere keine variable Entgeltbestandteile i. S. des § 20 Ziffer 1.2 Abs. 3 MTV Stahl.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass Rufbereitschaftsvergütungen i.S.d. § 5 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen vom 15. März 1989 i.d.F. vom 20.06.2000 (MTV Stahl) keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile und damit kein Arbeitsentgelt i.S.d. § 20 Tz. 1.2 MTV Stahl sind

hilfsweise

festzustellen, dass Rufbereitschaftsvergütungen i.S.d. § 5 Ziff. 2 MTV Stahl keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit i.S.d. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl sind und dementsprechend nicht in die in diesem Absatz geregelte Berechnung des Geldmultiplikators einfließen.

Die beklagte Gewerkschaft hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aus ihrer Sicht zählt die Rufbereitschaftsvergütung zum regelmäßigen Arbeitsverdienst des § 20 MTV Stahl.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 23.10.2001, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er hält daran fest, dass Rufbereitschaftsvergütungen aus der Berechnung nach § 20 MTV Stahl ausgeklammert werden müssen. In keinem seiner Mitgliedsunternehmen werde – zumindest seit 1997 – anders verfahren, wobei diese Handhabe mit Urteil des LAG Brandenburg vom 13.11.1992 – 4 Sa 238/92 – auch gerichtlich bestätigt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf abzuändern und gemäß den erstinstanzlichen Schlussanträgen des Klägers zu erkennen.

Die Beklagte bittet,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers, gegen die Zulässigkeitsbedenken nicht bestehen, hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht keine Zulässigkeitsbedenken hinsichtlich der Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 9 TVG gesehen. Das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist gegeben, desgleichen die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Düsseldorf.

II.

In der Sache ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass die Rufbereitschaftsvergütung nach § 5 MTV Stahl für die Berechnung des Arbeitsverdienstes in allen Fällen zugrundezulegen ist, in denen der Tarifvertrag den Arbeitgeber zur Zahlung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” verpflichtet. Die Vergütung für die Rufbereitschaft ist ein „variabler Lohn- bzw. Gehaltsbestandteil”, wie ihn die Tarifvertragsparteien als eine der Komponenten des regelmäßigen Arbeitsverdienstes in § 20 Ziffer 1.2 Abs. 3 MTV Stahl näher definiert haben. Die gegen dieses Verständnis erhobenen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Der überzeugenden ausführlichen Begründung des angefochtenen Urteils folgt die Berufungskammer gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO). Weder die Berufungsbegründung des Klägers noch seine Einlassungen in der letzten mündlichen Verhandl...

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