Entscheidungsstichwort (Thema)

Restitutionsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 35 EGZPO getroffene Stichtagsregelung ist nicht zu beanstanden. Sie ist nicht willkürlich, denn sie knüpft an den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Ziffer 8 des § 580 ZPO an.

Bei Schaffung der Zif. 8 des § 580 ZPO war dem Gesetzgeber bekannt, dass die Möglichkeit der Anrufung des EGMR bestand und wie lang die dortigen Verfahren dauern. Das Festhalten an der 5-Jahres-Frist lässt erkennen, dass es sich insoweit nicht um ein „Redaktionsversehen” gehandelt hat.

 

Normenkette

EGZPO § 35; ZPO § 580

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Aktenzeichen 6 Ca 2708/97)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2016; Aktenzeichen 2 BvR 1488/14)

BAG (Urteil vom 22.11.2012; Aktenzeichen 2 AZR 570/11)

 

Tenor

I. Die Restitutionsklage des Klägers wird als unzulässig verworfen.

II. Die Kosten der Restitutionsklage hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner am 18.10.2010 beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Restitutionsklage begehrt der Kläger die Wiederaufnahme des beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Az 7 Sa 425/98 geführten Berufungsverfahrens und die Aufhebung des in diesem Verfahrens ergangenen rechtskräftigen Urteils vom 03.02.2000.

Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit der dem Kläger von der beklagten Kirchengemeinde mit Schreiben vom 15.07.1997 zum 31.03.1998 erklärten fristgerechten Kündigung.

Der 1957 geborene Kläger war seit 1983 als Organist und Chorleiter bei der beklagten Kirchengemeinde tätig. Im Jahr 1994 trennten sich der Kläger und seine Ehefrau, die zwei gemeinsame Kinder haben, einvernehmlich und teilten dies im Januar 1995 der beklagten Kirchengemeinde mit. Zur Begründung der streitgegenständlichen Kündigung hat die Beklagte vorgetragen, der noch verheiratete Kläger unterhalte eine außereheliche Beziehung zu Frau Rechtsanwältin N., die seine damalige und jetzige Prozessbevollmächtigte ist. Seit Ende 1997 haben der Kläger und Frau N. eine gemeinsame Tochter. Sowohl den Kündigungsvorwurf, ein außereheliches Verhältnis eingegangen zu sein, als auch die Vaterschaft des von Frau N. geborenen Kindes hat der Kläger zunächst in Abrede gestellt. Nach Ausspruch der Kündigung beantragte die Ehefrau des Klägers die Scheidung. Die Ehe wurde im August 1998 geschieden.

Das Arbeitsgericht Essen hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 09.12.1997 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine verhaltensbedingte Kündigung des Klägers auch unter Berücksichtigung der katholischen Glaubenslehre noch nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 1 KSchG genüge, weil dem Kläger unter Berücksichtigung von Artikel 5 Abs. 1 S. 2 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (Grundordnung) eine Abmahnung hätte erteilt werden müssen.

Am 22.12.1997 sprach die Beklagte eine zweite Kündigung zum 01.07.1998 aus. Mit Urteil vom 04.12.1998 wies das Arbeitsgericht Essen die Klage des Klägers gegen diese Kündigung ab. Das diesbezügliche beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf noch anhängige Berufungsverfahren ist ausgesetzt.

Mit Urteil vom 13.08.1998 wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.1997 zurück. Es folgte im Wesentlichen den Ausführungen des Arbeitsgerichts und wies darauf hin, dass die Arbeitsgerichte bei der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Kündigungsrecht an die Vorgaben der Religionsgemeinschaften gebunden seien, soweit diese Vorgaben den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirche Rechnung trügen und sich die Gerichte durch die Anwendung dieser Vorgaben nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung begäben, wobei die Arbeitsgerichte jedoch sicherzustellen hätten, dass die Religionsgemeinschaften nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellten. Der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, der Kläger sei eine dauerhafte Verbindung mit Frau N. eingegangen, worin eine schwere sittliche Verfehlung im Sinne von Artikel 5 Abs. 2 1. Alt. A. E. liegen könnte, brauche jedoch streitentscheidend nicht nachgegangen zu werden, weil die Parteivernehmung des Klägers nicht erbracht habe, dass entsprechend Artikel 5 Abs. 1 S. 1 der Grundordnung in einem Gespräch mit ihm versucht worden sei, darauf hinzuwirken, dass er die – nach Meinung der Beklagten bestehende – Beziehung zu Frau N. abbräche.

Mit Urteil vom 12.08.1999, 2 AZR 712/98, hat das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgericht Düsseldorf aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Schlussfolgerung des Landesarbeitsgericht, ein Gespräch mit dem Kläger habe nicht stattgefunden, sei fehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon abgesehen habe, auch eine Vernehmung des Kirchenvorstandsvor...

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