Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des groben Verstoßes i.S. von § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG

 

Leitsatz (redaktionell)

Angebliche Verstöße gegen die Verpflichtungen eines Arbeitgebers aus dem Tarifvertrag stellen keine groben Verstöße i.S. von § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG dar, da die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung nicht tangiert ist.

 

Normenkette

MTV Groß- und Außenhandel NRW § 2 Nr. 1 Abs. 3; BetrVG § 23 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Aktenzeichen 2 BV 45/13)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 19.03.2014 - 2 BV 45/13 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG.

Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) ist ein großer Einkaufs- und Marketingverbund für rund 1000 mittelständische Großhändler im Produktionsverbindungshandel. Die im Verbund angeschlossenen Unternehmen handeln unter anderem mit Werkzeugen und Maschinen, Baubeschlägen und Bauelementen sowie Stahl- und Befestigungstechnik und beliefern vorwiegend gewerbliche Arbeitnehmer wie Industrie, Handwerk und Kommunen. Die Arbeitgeberin beschäftigt derzeit 776 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Antragssteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.

Bei der Arbeitgeberin findet der "MTV-und Außenhandel NRW" (MTV) in der Fassung vom 28.06.2007 Anwendung. § 2 Ziffer 1 Abs. 3 des MTV lautet:

Am 24. und am 31. Dezember endet die Arbeitszeit um 12:00 Uhr. Die dadurch ausfallende Arbeitszeit wird mit je einem halben Urlaubstag auf den Jahresurlaub angerechnet. Alternativ kann Vor- und Nacharbeit vereinbart werden. Dem Arbeitnehmer steht das Wahlrecht zu.

Bei der Arbeitgeberin arbeiten alle Mitarbeiter, die in der Verwaltung beschäftigt sind, in einem Gleitzeitsystem, wobei für diese Mitarbeiter ein Gleitzeitkonto besteht. Die bei ihr im Lager beschäftigten Mitarbeiter arbeiten in einem Schichtsystem. Innerhalb dieses Schichtsystems sind sie dauerhaft in die Frühschicht von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr, in die Mittelschicht von 11:00 Uhr bis 20:00 Uhr oder in die Spätschicht von 14:30 Uhr bis 23:00 Uhr eingeteilt, wobei einige Mitarbeiter auch in der Wechselschicht tätig werden. Ein Gleitzeitkonto für diese Mitarbeiter existiert nicht.

Der Betrieb der Arbeitgeberin ist am 24. und 31. Dezember eines jeden Jahres geschlossen. Die Arbeitgeberin rechnet aufgrund der Regelung des MTV bei Arbeitnehmern, denen für den 24. und den 31.12 Urlaub gewährt wird, jeweils einen vollen Urlaubstag auf den Jahresurlaub an.

Mit Schreiben vom 28.03.2013 und 19.04.2013 wies der spätere Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Arbeitgeberin darauf hin, dass die Anrechnung von ganzen Urlaubstagen bei Freistellung von der Arbeitsleistung am 24. und 31.12 seiner Ansicht nach nicht tarifvertragskonform sei und forderte die Arbeitgeberin zu einer abschließenden Klärung der Sache auf. Dem kam diese nicht nach.

Mit seinem am 17.07.2013 beim Arbeitsgericht anhängig gemachten und am 15.11.2013 erweiterten Antrag hat der Betriebsrat sein Begehren weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Arbeitgeberin für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 24. und 31.12 frei hätten, nur einen halben Urlaubstag in Ansatz bringen dürfte. Außerdem müsste ihnen eine Vor- oder Nacharbeitsmöglichkeit eingeräumt werden. Anderenfalls würden die im Schichtsystem tätigen Lagerarbeiter ohne sachlichen Grund in unzulässiger Weise benachteiligt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € untersagt, Arbeitnehmern, die für den 24.12. und 31.12. eines Jahres Urlaubsanträge eingereicht und Urlaub gewährt bekommen haben, einen ganzen Urlaubstag in Anrechnung zu bringen, anstatt jene Tage nur mit einem halben Urlaubstag auf den Jahresurlaub anzurechnen, soweit es sich um Arbeitnehmer handelt, die am 24.12. und 31.12. eines Jahres in die Spätschicht (14.30 Uhr bis 23.00 Uhr) und die die Wechselschicht (14.30 Uhr bis 23.00 Uhr) eingestellt sind;
  2. der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € untersagt, Arbeitnehmern, die für den 24.12. und 31.12. eines Jahres Urlaubsanträge und Urlaub gewährt bekommen haben, einen ganzen Urlaubstag in Anrechnung zu bringen, anstatt jene Tage nur mit einem halben Urlaubstag auf den Jahresurlaub anzurechnen und nur eine Stunde Arbeitszeit (von 11.00 Uhr bis 12.00 Uhr) in dem Sollarbeitszeitkonto zu erfassen, soweit jene Arbeitnehmer in der Mittelschicht (11.00 Uhr bis 20.00 Uhr) tätig sind, sowie für Mitarbeiter, die in die Wechselschicht (06.00 Uhr bis 14.30 Uhr) und in die Frühschicht (06.00 Uhr bis 14.30 Uhr) eingeteilt sind, anstatt jene Tage nur mit einem halben Urlaubstag auf den Jahresurlaub anzurechnen und nur 2 Stunden, 30 Minuten Arbeitszeit (von 12.00 Uhr bis 14.30 Uhr) in dem Sollarbeitszeitkonto zu...

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