Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG im Zusammenhang mit der Eingruppierung betriebsangehöriger Mitarbeiter setzen das Vorhandensein einer das jeweilige Arbeitsverhältnis erfassenden Vergütungsordnung voraus. Ob diese Vergütungsordnung aufgrund von Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, allgemein eingegangener einzelvertraglicher Verpflichtungen oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers Anwendung findet, ist nicht maßgeblich.

2. Wird ein Betrieb oder Betriebsteil, in dem eine Vergütungsordnung im obigen Sinne existiert, gemäß § 613 a BGB übernommen, ist der Erwerber an die Vergütungsordnung dergestalt kollektivrechtlich gebunden, dass sie ohne eine „bestätigende Fortgeltungsentscheidung” bei Eingruppierungsverfahren übernommener Mitarbeiter nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beachten ist.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 29.10.2010; Aktenzeichen 10 BV 131/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.08.2013; Aktenzeichen 7 ABR 56/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.10.2010 – Az. 10 BV 131/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der zu 1) beteiligte Betriebsrat bei Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern gemäß §§ 99 ff. BetrVG mitzubestimmen hat.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist das deutsche Tochterunternehmen eines global operierenden Dienstleistungskonzerns mit rund 160.000 Mitarbeitern, welches auf dem Gebiet der Informationstechnologie, der Beratung und des Outsourcings tätig ist. Zum 01.03.2008 übernahm die Arbeitgeberin einen in E. gelegenen Betriebsteil der Firma O. T. Networks (O.), die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten 102 Mitarbeitern gingen gemäß § 613a BGB auf die Arbeitgeberin über. Diese Einheit fungiert nunmehr als eigenständiger Betrieb der Arbeitgeberin – für den der antragstellende Betriebsrat gewählt ist – unter der Bezeichnung E. E.. Die O. war im Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs an das Gehaltsrahmenabkommen für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 19.02.1975 (im folgenden GRA) sowie das für diese Branche geltende Gehaltsabkommen vom 08.05.2007 (im folgenden GA) aufgrund eines mit der zuständigen Gewerkschaft geschlossenen Anerkennungstarifvertrages gebunden. Die Arbeitgeberin selbst ist nicht Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes und hat auch keinen Haustarifvertrag über die Anwendung des GRA und des GA abgeschlossen.

S. Q. wurde seit dem 01.11.2005 bei der O. bzw. deren Rechtsvorgängerin, der O. GmbH Networks als Software Design Engineer „im Bereich R&D mit Dienstsitz in E.” beschäftigt. Im schriftlichen Anstellungsvertrag vom 19.09.2005 ist hinsichtlich der Vergütung des Herrn Q. folgendes bestimmt:

„2. VERGÜTUNG

Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie gemäß des Gehaltsabkommens der Metall- und Elektroindustrie NRW ein monatliches Bruttogehalt

In Höhe von:

Tarifgehalt TG 5.23605,39 EUR

fällig jeweils am Monatsletzten und bargeldlos zahlbar. Nach dem Ablauf von sechs Monaten wird im Rahmen eines Beurteilungsgespräches eine Leistungszulage festgelegt, die zwischen 0 % und 8,0 % betragen kann. Sollten zu einem späteren Zeitpunkt außertarifliche Zulagen gezahlt werden, so handelt es sich um freiwillige Leistungen, die jederzeit ganz oder teilweise mit tariflichen Erhöhungen und Umgruppierungen angerechnet werden können.

Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt O. Networks entsprechend den Bestimmungen des Metall- und Tarifvertrages für Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung.”

Ab dem 01.02.2010 beschäftigte die Arbeitgeberin Herrn Q. als „Senior Designer” im Bereich des sog. AXA-Projektes weiter. Hinsichtlich der Herrn Q. zukommenden Verantwortlichkeiten und Kompetenzen wird auf die Tätigkeitsbeschreibung Bl. 59 d.A. Bezug genommen. Im Zusammenhang mit der Tätigkeitsänderung richtete die Arbeitgeberin unter dem 06.04.2010 ein mit „Zustimmungsersuchen” und „Vertragsänderung” bezeichnetes Formularschreiben an den Betriebsrat. Wegen der Funktion von Herrn Q. heißt es in der Spalte „Alt” „Designer,” in der Spalte „Neu” „Senior Designer”. In der Rubrik Jobgrade/Tarifgruppe ist unter „Alt” „JG: 7 TG: 5” aufgeführt, in der Spalte „Neu” „JG: 8 TG: 5.”. Wegen der weiteren Einzelheiten des Formularschreibens wird auf Blatt 56 d.A. verwiesen. In seiner Stellungnahme vom 13.04.2010 (Blatt 58 d.A.), die personelle Einzelmaßnahmen in Bezug auf fünf Mitarbeiter betraf, rügte der Betriebsrat zunächst allgemein das Fehlen von konkreten Informationen zu den Gehältern der betroffenen Mitarbeiter und bat um Nachreichung. Zu Herrn Q. führte der Betriebsrat aus:

„S. Q.-Designer→Senior Designer:

Bitte Gehaltsangaben nachreichen; TG 5 erachten wir als zu niedrig für die Arbeit als Senior Designer.

Wir widersprechen der Eingruppierung und...

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