Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertrags-Kommentar für den Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Existiert in einem Wirtschaftszweig zu den einschlägigen Tarifverträgen ein Kommentar und ist der Arbeitgeber im Besitz des Kommentars, muß er dem Betriebsrat die Mitbenutzung gestatten. Ist der Arbeitgeber nicht im Besitz des Kommentars, muß er dem Betriebsrat auf dessen Verlangen ein Exemplar zu Verfügung stellen.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Beschluss vom 09.02.1995; Aktenzeichen 3 BV 44/94)

 

Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen denBeschluß des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.1995 – 5 BV 44/94 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin den Betriebsrat von den Kosten für die Anschaffung eines Kommentars zu den Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen freistellen muß.

Die Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen des Einzelhandels.

Der Antragsteller ist der für die Filiale Dinslaken gewählte Betriebsrat. Dort werden nach Darstellung des Betriebsrats 35, nach Darstellung der Arbeitgeberin 23 Mitarbeiter beschäftigt, auf deren Arbeitsverhältnisse die Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen Anwendung finden.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Arbeitgeberin müsse ihm ein Exemplar des Kommentars „Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen” von Decruppe/Rzaza zur Verfügung stellen. Er sei auf einen Kommentar zu den Tarifverträgen angewiesen, da in dem Kommentar nicht nur die jeweiligen Einzelbestimmungen der Tarifverträge abgehandelt würden, sondern darüber hinaus sonstige im Zusammenhang mit den Tarifverträgen stehende arbeitsrechtliche Fragen. Der Kommentar sei für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich, wie sich bereits bei der Umrechnung des Urlaubs bei Teilzeitkräften oder bei Fragen der Eingruppierung gezeigt habe. Der Preis des Kommentars sei mit 69,– DM ausgesprochen günstig. Außer einer Kommentierung zum Betriebsverfassungsgesetz und dem Buch „Der Betriebsrat” von Schaub stehe im keine weitere Literatur zur Verfügung. In den übrigen Filialen in der Nachbarschaft seien den Betriebsräten Exemplare das begehrten Kommentars zur Verfügung gestellt worden.

Die Rechnung über den Kommentar sei der Arbeitgeberin zugeleitet worden, die jedoch mit Schreiben vom 24.10.1994 die Übernahme der Kosten abgelehnt habe.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller von den Kosten für den Erhalt des Kommentars „Tarifverträge des Einzelhandels in NRW”, herausgegeben von Decruppe/Rzaza freizustellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat eingewandt, der Betriebsrat habe nicht hinreichend dargelegt, daß zur Erfüllung seiner Aufgaben der erwünschte Kommentar erforderlich sei. Außerhalb Nordrhein-Westfalens gebe es offenbar keine Tarifvertragskommentierungen. Daß die Betriebsräte in den anderen Gebieten keinen Antrag auf Beschaffung von entsprechenden Kommentierungen gestellt hätten, belege, daß sie ihre Aufgaben auch ohne Kommentar ordnungsgemäß erledigen könnten. Zudem handele es sich im vorliegenden Fall um einen kleinen Laden, in dem besondere tarifvertragliche Probleme, die ohne Kommentar nicht gelöst werden könnten, nicht anfielen.

Im übrigen habe der Betriebsrat Gelegenheit, an Seminaren über die Einzelhandelstarifverträge teilzunehmen. An Literatur besitze der Betriebsrat ferner das „Betriebsrecht von A-Z” von Schaub und ihm würden auf Anforderung die Arbeitsgesetze Dtv 5006 zur Verfügung gestellt.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag durch Beschluß vom 09.02.1995, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, stattgegeben.

Gegen den ihr am 20.03.1995 zugestellten Beschluß hat die Arbeitgeberin am 31.03.1995 Beschwerde eingelegt und diese begründet.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags rügt die Arbeitgeberin auch weiterhin, daß der Betriebsrat nur allgemeingehaltene pauschale Ausführungen gemacht habe, die keinerlei Betriebsbezogenheit zum Haus in Dinslaken aufwiesen. Es existiere in der Rechtsprechung und in der Literatur keine Auffassung, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat Kommentare zu einschlägigen Tarifverträgen zur Verfügung stellen müsse.

Im übrigen habe der Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG keinen Anspruch auf Kostenerstattung, sondern allenfalls auf Bereitstellung eines Kommentars.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluß des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.1995 – 5 BV 44/94 – abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Betriebsrat bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und hebt hervor, daß im Hinblick auf die zum großen Teil in den Einzelhandelstarifverträgen enthaltenen im Betrieb zu beachtenden Regelungen dem Betriebsrat ermöglicht werden müsse, eine kommentierte Ausgabe der Tarifverträge zu beziehen, zumal er in einzelnen Fällen, wie Eingruppierungsfragen, auf eine entsprechende Kommentierung angewi...

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