Entscheidungsstichwort (Thema)

Besitzstandszulage. Befristete Beschäftigung. Ungleichbehandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 23 des Entgelttarifvertrags für Arbeiter der Deutschen Post AG v. 20.10.2000 (Tarifvertrag Nr 75d Dritter Teil) ist insoweit unwirksam, als er solche befristet beschäftigte Arbeitnehmer von der Zahlung von Besitzstandszulagen ausschließt, die sowohl am 31.12.2000 als auch am 01.01.2001 im befristeten Arbeitsverhältnis stehen. Die Regelung des § 23 ETV-Arb hat gegenüber dem Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 2 TzBfG keinen Bestand.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; Entgelttarifvertrag für Arbeiter der Deutschen Post AG v. 20.10.2000 (Tarifvertrag Nr 75d Dritter Teil) § 23; TzBfG § 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 24.04.2002; Aktenzeichen 8 Ca 8180/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 6 AZR 79/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 24.04.2002 – Az.: 8 Ca 8180/01 – wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit ihrer am 25.06.2001 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen Klage macht die Klägerin Ansprüche auf tarifliche Besitzstandszulagen geltend.

Die Klägerin ist seit dem 17.04.2000 ununterbrochen bei der Beklagten, Niederlassung Produktion Brief Bremen, als Briefverteilerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war aufgrund mehrerer unterschiedlicher befristeter Verträge bis zum 30.04.2001 (zuletzt durch den Arbeitsvertrag vom 19.03.2001 – Bl. 15 d. A.) befristet. Die Wirksamkeit der Befristung hat die Klägerin nicht angegriffen. Seit dem 01.05.2001 besteht zwischen den Parteien aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26.04.2001 (Bl. 7 d. A.) ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit 38,5 Wochenstunden.

Die Klägerin unterzeichnete am 26.04.2001 zusätzlich folgende schriftliche Erklärung:

„Erklärung zur geplanten unbefristeten Übernahme

Ich wurde heute darüber informiert, dass eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durch die D. AG nur zu den Bedingungen des seit 01.01.2001 gültigen Entgelttarifvertrages (ETV-Arb) möglich ist. Der ETV-Arb hat den Tarifvertrag für Arbeiter (TV Arb/TV Arb-O) abgelöst und unter anderem zu Veränderungen beim Monatsentgelt geführt.

Nach dem ETV-Arb bestimmt sich die Höhe meines regelmäßigen monatlichen Entgelts nach einer Entgeltgruppe. Für die Eingruppierung in diese Entgeltgruppe ist die von mir auszuübende Tätigkeit maßgeblich. Innerhalb einer Entgeltgruppe gibt es mehrere Gruppenstufen. Diese sind vergleichbar mit dem früheren Lohndienstalter, jedoch ist nicht mehr meine Postbeschäftigungszeit, sondern meine Tätigkeitszeit in der Entgeltgruppe entscheidend.

Auch die Regelungen für die Zahlungen von Zulagen und Zuschlägen sind neu. Zeitbezogene Zuschläge wie z.B. für Nachtarbeit, Sonn-, Feiertags- und Samstagsarbeit werden in unterschiedlicher prozentualer Höhe bezogen auf das Studenentgelt gewährt. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten Zusteller oder Kraftfahrzeugführer zusätzliche Zahlungen.

Weitergehende monatliche Zahlungen werden nicht gewährt.

Zusätzlich zum Monatsentgelt wird im Monat November ein 13. Monatsentgelt (sog. Weihnachtsgeld) und im Monat Juli ein Urlaubsgeld gezahlt. Ein leistungsbezogenes variables Entgelt kann erstmalig im Jahre 2002 rückwirkend für 2001 gezahlt werden.

Ich habe die Erläuterungen zu dem ETV-Arb verstanden und akzeptiere die Bedingung, dass der Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nur zu den geänderten Bedingungen des ETV-Arb erfolgen kann.

…”

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTV-Arb) TV Nr. 75 d Anwendung, welcher am 28.04.2000 abgeschlossen wurde. Mit dem TV Nr. 75 d Erster Teil wurden zum 31.12.2000 die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der D. AG (TV Arb) außer Kraft gesetzt. Damit verbunden war eine deutliche Absenkung der Grundvergütung für ab dem 01.01.2001 eingestellte Arbeiterinnen und Arbeiter bei gleichzeitiger Einführung von Leistungslohnelementen. Nach Darstellung der Klägerin betrug ihr Minderverdienst im Januar 2001 gegenüber Dezember 2000 DM 321,72 (vgl. die Aufstellung Bl. 71 + 72 d. A.).

Für diese Einkommensminderung sehen die §§ 23 ff ETV-Arb (Dritter Teil des TV Nr. 75 d) unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleich vor. § 23 ETV-Arb lautet:

㤠23

Geltungsbereich für § 24 und § 25

Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur D. AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.”

Die §§ 24 und 25 ETV-Arb normieren Ansprüche auf die Besitzstandszulagen „Lohn” (§ 24) und „Zuschläge” (§ 25) und verweisen jeweils auf Anlagen.

Zuvor hatten die Tarifvertragsparteien das sog. Petersberger Eckpunktepapier vom 21.03.2000 vereinbart, in dem u.a. festgelegt wurde, dass bis zum 31.12.2003 keine Fremdvergabe von Zustellbezirken durch die Beklagte erfolgte, der Fremdb...

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