Leitsatz (amtlich)

1) § 2 II S. 2 EhrRiEG gewährt den ehrenamtlichen Richtern keinen ERsatzanspruch für die gesamte Zeit, die sie persönlich für die Erfüllung ihres Ehrenamtes aufwenden. Ein solcher ist nur für den notwendigen Zeitaufwand gegeben. Welcher Aufwand notwendig ist, entscheidet der Kammervorsitzende.

2) Sieht der ehrenamtliche Richter des Arbeitsgerichts auf eigenen Wunsch vor dem Termin die Prozeßakten ein, werden ihm die aufgewendeten Stunden nicht vergütet.

Eine Bezahlung nach § 2 EhrRiEG kommt insoweit nur in Betracht, wenn die Akteneinsichtnahme vom Kammervorsitzenden angeordnet wird.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremerhaven (Beschluss vom 07.08.1987; Aktenzeichen AR 48/87)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 7. August 1987 – AR 48/87 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Der Antragsteller ist ehrenamtlicher Richter beim Arbeitsgericht Bremerhaven. Er ist als Beisitzer zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.04.1987 herangezogen worden. Am 21.04.1987 hat er unaufgefordert am Arbeitsgericht die Terminsakten in der Zeit vom 8.30–12.00 Uhr eingesehen. Dafür verlangt er Ersatz eines Verdienstausfalls und Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 108,53 DM.

Gegen den ablehnenden Beschluß des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 7.8.1987 – AR 48/87 – richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

2. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Antragsteller hat keinen Erstattungsanspruch für die am 21.4.1987 zum Aktenstudium aufgewendete Zeit.

Gem. § 2 Abs. 2 EhrRiEG steht dem ehrenamtlichen Richter für den durch seine Heranziehung entstandenen Verdienstausfall eine Entschädigung zu. Als versäumt gilt dabei auch die Zeit „während welcher der ehrenamtliche Richter seiner gewöhnlichen Beschäftigung nicht nachgehen kann” (§ 2 Abs. 2 Satz 2 EhrRiEG). Das Arbeitsgericht hat zu Recht einen Ersatzanspruch für den am 21.4.1907 eingetretenen Verdienstausfall verneint, da die Zeit, die der Antragsteller für die Einsichtnahme der Akten aufgewendet hat, nicht „infolge der Heranziehung” zum Termin vom 22.4.1987 versäumt worden ist.

§ 2 Abs. 2 Satz 2 EhrRiEG gewährt den ehrenamtlichen Richtern keinen Ersatzanspruch für die gesamte Zeit, die sie persönlich für die Erfüllung ihres Ehrenamtes aufwenden. Der Ersatzanspruch ist vielmehr auf die Zeit beschränkt, die infolge der Heranziehung zu einem konkret bestimmten Termin notwendigerweise aufgewendet werden mußte (vgl. BAG Beschluß vom 26.9.1972 AP Nr. 3 zu § 43 ArbGG 1953). Die Beschränkung auf den notwendigen Zeitaufwand ergibt sich dabei aus der Systematik und aus Sinn und Zweck des § 2 EhrRiEG. Nur auf diese Weise kann der infolge der Heranziehung zu einem bestimmten Termin entstandene Zeitaufwand von der allgemein für das Ehrenamt aufgewendeten Zeit abgegrenzt werden. Außerdem entspricht es dem Wesen des Ehrenamtes, daß es grundsätzlich unentgeltlich wahrgenommen wird.

Die Akteneinsichtnahme am 21.4. war in diesem Sinne nicht zur ordnungsgemäßen Vorbereitung des Termins vom 22.4.1987 erforderlich.

Zwar hat der ehrenamtliche Richter einen Anspruch darauf, über die Prozeßvorgänge so eingehend wie nur irgend notwendig und möglich unterrichtet zu werden (BAG a.a.O.). Das schließt aber nicht ein, daß ihm die Prozeßakten vor Termin zur Einsichtnahme übergeben werden müßten. Eine derartige Pflicht hat das Bundesarbeitsgericht nicht einmal für die Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter des Bundesarbeitsgerichtes anerkannt (BAG a.a.O). Erst recht kann eine derartige Verpflichtung nicht für die Arbeitsgerichte erster Instanz bejaht werden.

In welcher Form die ehrenamtlichen Richter durch das Gericht von den Prozeßvorgängen unterrichtet werden, ist im Gesetz nicht vorgegeben. Dem jeweiligen Gerichtsvorsitzenden ist insoweit ein eigenes Ermessen eingeräumt worden, wobei ihm die Verpflichtung auferlegt worden ist, die Beisitzer über den Streitstand so umfassend wie möglich und notwendig zu unterrichten, damit sie ihr Richteramt ordnungsgemäß wahrnehmen können. Wann und in welcher Form die Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erfolgt, hat der Berufsrichter nach pflichtgemäßem Ermessen im Hinblick auf den jeweiligen Streitstoff zu entscheiden. Daß der Richter dieser Unterrichtungspflicht im konkreten Termin nicht nachgekommen ist, hat der Antragsteller selbst nicht behauptet. Die mündliche Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter vor der jeweiligen Sitzung am Terminstage entspricht im übrigen einer bewährten seit mehr als 40 Jahren bestehenden Praxis der Arbeitsgerichte die bislang von den ehrenamtlichen Richtern nicht darauf beanstandet worden ist, daß ihnen auf diese Weise eine ordnungsgemäße Wahrnehmung des Ehrenamtes nicht möglich ist. Nach allem konnte dem Antrag des Antragstellers nicht entsprochen werden, da die Voraussetzungen des § 2 EhrRiEG für die am 21.4.1987 aufgewendete Zeit nicht erfüllt sind.

Ob der ehrenamtliche Richter einen Anspruch auf Akteneinsichtnahme hat, brauchte hier nicht entschieden zu werden. S...

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