Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldrechtsmodernisierung. Befristung einzelner Arbeitsbedingungen. Pflichtstunden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Seit dem In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform bedarf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht mehr zwingend eines sachlichen Grundes i.S.d Rechtsprechung des BAG. Es erfolgt vielmehr eine Angemessenheitsprüfung.

2. Die Angemessenheit der Befristungsabrede einzelner Vertragsbedingungen ist nach §§ 305 ff. BGB zu prüfen. Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu vermuten, wenn kein Sachgrund für die Befristung vorliegt.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 307; EGBGB Art. 229 § 5 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Brandenburg (Urteil vom 29.10.2003; Aktenzeichen 3 Ca 1259/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 29.10.2003 – 3 Ca 1259/03 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor des angefochtenen Urteils lautet:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit einer Unterrichtsverpflichtung der Klägerin von 26/28 Wochenstunden über den 31.07.2003 hinaus fortbesteht.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung.

Die Klägerin ist seit 1991 als Lehrerin an einer Schule des beklagten Landes beschäftigt. Bis zum 31.07.1998 war die Klägerin auf Grund eines unbefristeten Arbeitsvertrages mit einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 22/27 Stunden tätig.

Am 14. Mai 1998 schloss das beklagte Land mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, dem brandenburgischen Pädagogenverband, dem Verband brandenburgischer Realschullehrer, dem Landesverband der Lehrer an Wirtschaftsschulen Brandenburg, dem Deutschen Philologenverband und dem Landesverband der Lehrer an berufsbildenden Schulen Brandenburg eine „Vereinbarung zur Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung in der Schule Brandenburgs”. Diese lautet auszugsweise:

„Vorbemerkungen

Die Vertragsunterzeichner stimmen darin überein, dass hinsichtlich der Folgen der demographischen Entwicklung weiterhin entsprechend den Grundsätzen des Brandenburger Models zur Beschäftigungssicherung im Schulbereich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um

a. die vorhandene Arbeit auf alle Beschäftigten dem vorhandenen Bedarf entsprechend zu verteilen, um weiterhin betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen,

b. die Qualität von Unterricht durch ein bedarfsorientiertes Fort- und Weiterbildungsangebot zu sichern, sowie jungen Lehrkräften eine berufliche Perspektive zu geben,

c. eine angemessene Altersstruktur zu erhalten.

Die Vertragsunterzeichner appellieren an alle Vollzeitbeschäftigten, insbesondere an die Beamten, durch Beteiligung an dem neuen Teilzeitmodell die Folgen des Bedarfsrückganges zu mildern, um das brandenburgische Modell der solidarischen Beschäftigungssicherung zu unterstützen.

Die Vereinbarung greift in tarifliche und gesetzliche Vorschriften zum gleichen Gegenstand nicht ein. Diese Vereinbarung oder einzelne Abschnitte sind nicht anzuwenden, wenn zum gleichen Gegenstand ein Tarifvertrag abgeschlossen wird bzw. gesetzliche Regelungen in Kraft treten, die für die von dieser Vereinbarung erfassten Beschäftigen eine günstigere Regelung enthalten.

A. Kündigungsschutz für Angestellte

1. Grundsatz

1.1. Lehrkräfte, die die Voraussetzungen für die Übertragung eines im Land Brandenburg anerkannten Lehramtes oder für die Übertragung eines im brandenburgischen Besoldungsgesetz ausgebrachten Amtes besitzen, jedoch nicht in einem Beamtenverhältnis übernommen werden können, erhalten das Angebot, bis zum 01. Februar 1999 einen Änderungsvertrag mit einem unbefristeten Beschäftigungsumfang von 2/3 einer Vollbeschäftigung (Mindestsockel) abzuschließen.”

1.2. Für Beschäftigte, die einen Änderungsvertrag mit einem unbefristeten Beschäftigungsumfang von mindestens 2/3 einer Vollbeschäftigung abschließen, wird mit sofortiger Wirkung für die Dauer der bedarfsbedingten Teilzeitbeschäftigung einzelvertraglich die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen (siehe dazu Protokollnotiz 3).

2. Befristete Erhöhung der Teilzeitbeschäftigung

Für Beschäftigte, die einen Änderungsvertrag gem. Nr. 1 abschließen, erfolgt die befristete Erhöhung einer Teilzeitbeschäftigung nach Maßgabe folgender Einzelregelungen:

2.1 Beschäftigte an Grundschulen, Primarstufen an Gesamtschulen, Förderschulen und Förderklassen ab Klasse 7

2.1.1. Für diese Beschäftigtengruppe überprüfen die staatlichen Schulämter der Landkreise und kreisfreien Städte jährlich auf der Grundlage ihrer kreislichen Bedarfsprognose, die unter Berücksichtigung eines Einstellungskorridors erarbeitete wird, die Möglichkeit der befristeten Erhöhung des Beschäftigungsumfangs für ein Schuljahr. Über die Ergebnisse der Bedarfsprognose werden rechtzeitig vor Beginn des neuen Schuljahres die Personalvertretung u...

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