Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung nach BAT bei befristetem Arbeitsverhältnis ungewollte Tariflücke

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 51 Abs. 1 UAbs. 1 BAT ist der volle tarifliche Urlaub einer Angestellten auch dann abzugelten, wenn ihr Arbeitsverhältnis infolge Fristablaufs endete, sie ihren Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit bis zu dieser Beendigung nicht nehmen konnte und der Abgeltungsanspruch erfüllbar (BAG Urteil vom 28.6.1984, 6 AZR 521/81 = AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung) ist.

2. Die Streichung des Passus „oder wenn der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann” durch den 55. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 9. Januar 1987 hat zu einer ungewollten Tariflücke geführt, die von den Gerichten für Arbeitssachen im Sinne des Leitsatzes 1 zu schließen ist.

 

Normenkette

BAT § 51 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 05.04.1989; Aktenzeichen 33 Ca 6/89)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.1990; Aktenzeichen 8 AZR 490/89)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. April 1989 – 33 Ca 6/89 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1944 geborene Klägerin war in der Zeit vom 1. April 1987 bis zum 31. März 1988 befristet als Angestellte im Pflegebereich des … Krankenhauses tätig, und zwar bis zum 4. Oktober 1987 als Pflegehelferin und danach als Krankenschwester. Im Arbeitsvertrag wurde die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und des ihn ergänzenden Tarifwerkes des öffentlichen Dienstes vereinbart.

Vom 28. Januar 1988 bis zum 28. März 1988 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses infolge Fristablaufes am 31. März 1988 nahm sie die Arbeit nicht wieder auf.

Mit Schreiben vom 5. April 1988 verlangte sie vom beklagten Land Urlaubsabgeltung.

Nach erfolgloser Fristsetzung bis zum 28. Oktober 1988 hat die Klägerin diesen Anspruch mit ihrer am 6. Januar 1989 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage weiterverfolgt, und zwar zunächst in der Gesamthöhe von 2.600,85 DM brutto (für 13 Urlaubstage aus 1987 1.655,85 DM brutto und für anteilig sieben Urlaubstage aus 1988 945,– DM brutto). Nachdem unter den Parteien unstreitig geworden war, daß die Klägerin ab 29. März 1988 wieder arbeitsfähig geworden war und seit dem 18. April 1988 in einem neuen Arbeitsverhältnis steht, hat der Beklagte der Klägerin zur Erfüllung ihres gesetzlichen Mindesturlaubsanspruches Abgeltung für zehn Urlaubstage – je fünf für 1987 und 1988 – mit insgesamt 1.435,91 DM brutto geleistet.

Die Klägerin hat den restlichen Abgeltungsanspruch mit 1.164,94 DM brutto für noch zehn Urlaubstage nebst Verzugszinsen weiterverfolgt. Die noch abzugeltenden Tage hat sie wie folgt berechnet:

Anteiliger Urlaubsanspruch aus 1987

23 Arbeitstage

zuzüglich für geleistete Nachtdienste weitere

2 Urlaubstage

abzüglich in 1987 gewährter

10 Urlaubstage

ergibt einen Rest aus 1987 von

15 Urlaubstagen,

anteiliger Urlaubsanspruch aus 1988 rund

8 Tage

abzüglich vom 29. bis 31. März 1988 nicht gearbeiteter

3 Tage

verbleiben für 1988

5 Urlaubstage,

so daß unter Berücksichtigung der vom Beklagten abgegoltenen

10 Urlaubstage

offen seien weitere

10 Tage.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.164,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den darauf entfallende Nettobetrag seit dem 29. Oktober 1988 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, eine Urlaubsabgeltung über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus komme im Falle der Klägerin nicht in Betracht, weil § 51 Abs. 1 BAT in der jetzigen Fassung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Fristablaufes nicht als Abgeltungstatbestand enthalte.

Durch Urteil vom 5. April 1989 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Bl. 45 und 46 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses dem Beklagten am 14. April 1989 zugestellte Urteil richtet sich seine am 29. April 1989 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingelegte Berufung, die er mit einem am 20. Mai 1989 eingegangenen Schriftsatz wie folgt begründet:

Er verfolgt seine Rechtsauffassung weiter, eine Urlaubsabgeltung komme nur in den in § 51 Abs. 1 BAT in der ab 1. Januar 1987 geltenden Fassung genannten Fällen in Betracht, nicht dagegen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Erreichens der Altersgrenze und infolge Fristablaufes. Diese beiden Sachverhaltsgestaltungen hätten die Tarifvertragsparteien bewußt nicht als Abgeltungsvoraussetzungen in die Regelung aufgenommen, weil in beiden Fällen der Zeitpunkt des Ausscheidens des betreffenden Arbeitnehmers lange im voraus feststehe und sich die Arbeitsvertragsparteien deshalb bei der Urlaubsplanung hierauf einstellen könnten. Dies gelte auch im Falle der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, nachdem durch den 55. ÄnderungsTV zum BAT mit Wirkung vom 1. Januar 1987 der Passus in § 5...

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