Entscheidungsstichwort (Thema)

Einseitige Absenkung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber aufgrund einer tariflichen Bestimmungsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem MTV Berliner Metall- und Elektroindustrie vom 10.5.1990 in der Fassung vom 18.5.2002 kann der Arbeitgeber einseitig mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden auf 35 Stunden absenken und entsprechend den Lohn anpassen, ohne eine Änderungskündigung aussprechen zu müssen.

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 20.11.2002; Aktenzeichen 76 Ca 17288/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. November 2002 – 76 Ca 17288/02 die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Zur Begründung wird auf das Urteil vom 7.3.03 verwiesen.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel der Parteien nicht gegeben.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer einseitigen Abänderung einer Arbeitszeitvereinbarung seitens der Arbeitgeberin.

Der Kläger ist seit dem 1. April 1966 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Zum 1. Januar 1986 wurde er als Technischer Produktbetreuer in das Stammhaus Berlin übernommen. Anlässlich dieser Übernahme vereinbarten die Parteien, dass „für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der für unser Unternehmen geltenden Tarifverträge für die Angestellten in der Berliner Metallindustrie, der Arbeitsordnung und der Betriebsvereinbarungen der D. maßgebend” seien (vgl. den Arbeitsvertrag vom 26. Februar 1986 in Kopie Bl. 68 f. d.A.).

Im Manteltarifvertrag für die Angestellten der Berliner Metall- und Elektroindustrie vom 10. Mai 1990 in der Fassung vom 18. Mai 2002 (im Folgenden: MTV) heißt es unter „2 Arbeitszeit”:

„2.1 Dauer der Arbeitszeit

2.1.1 Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 35 Stunden ab 01.10.1995.

2.1.2 Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies ihrer Zustimmung.

Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen.

2.1.2.1 Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 40 Stunden erhalten die einzelnen Beschäftigten eine dieser Arbeitszeit entsprechende Bezahlung.

2.1.2.2 Die vereinbarte verlängerte Arbeitszeit kann auf Wunsch des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten geändert werden, es sei denn, sie wird einvernehmlich früher geändert. Das Arbeitsentgelt wird entsprechend angepasst.

2.1.2.3 Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat jeweils zum Ende eines Kalenderhalbjahres die Beschäftigten mit verlängerter individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit mit, deren Anzahl 13% aller Beschäftigten (Arbeiter/Arbeiterinnen und Angestellte) des Betriebes zuzüglich der Beschäftigten gemäß Ziffer 1.3 a) und b) MTV-Angestellte nicht übersteigen darf. …”

1991 war die Regelung der einseitigen Änderung im MTV noch beschränkt. Sie entsprach der Zusatzvereinbarung, die die Parteien am 19. Dezember 1991 trafen (vgl. dazu die Zusatzvereinbarung in Kopie Bl. 6 d.A.). Darin heißt es:

„In Ergänzung Ihres Arbeitsvertrages vereinbaren wir mit Wirkung vom 01.12.91 gemäß Punkt 2.1.2 des Manteltarifvertrages für die Angestellten eine individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden.

Die vereinbarte Arbeitszeit kann frühestens nach Ablauf von zwei Jahren beiderseits durch Widerruf mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten geändert werden, es sei denn, sie wird einvernehmlich früher geändert. Wird sie nicht widerrufen, verlängert sich die Regelung um weitere zwei Jahre.”

Der Kläger arbeitete ab 1. Dezember 1991 gemäß der Zusatzvereinbarung 39 bzw. 40 Stunden pro Woche bei entsprechend höherer Vergütung.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2002, das dem Kläger am 31. Mai 2002 zuging (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 8 d.A.), teilte die Beklagte aus wirtschaftlichen Zwängen dem Kläger mit, sie widerrufe die Zusatzvereinbarung vom 19. Dezember 1991 mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten zum 1. Oktober 2002. Ab dem 1. Oktober 2002 betrage die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 35 Wochenstunden. Das Arbeitsentgelt werde entsprechend angepasst. Ab dem 1. Oktober 2002 verdiente der Kläger 425,31 EUR brutto pro Monat weniger (4.167,– EUR abzüglich 3.741,69 EUR).

Mit seiner beim Arbeitsgericht Berlin am 21. Juni 2002 eingegangenen Feststellungsklage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass er über den 1. Oktober 2002 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden zu einem monatlichen Bruttogehalt von 4.167,– EUR weiterzubeschäftigen sei.

Er ist unter anderem der Auffassung gewesen, dass die Beklagte nicht einseitig die Zusatzvereinbarung ändern durfte. Diese wäre nach Ablauf des 1. Dezember 1995 zum festen Vertragsbestandteil geworden und hätte nur mit eine...

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