Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit nach § 7.1.3 des Manteltarifvertrags für Beschäftigte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden. einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers nach freiem Ermessen

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 7.1.3. MTV für Beschäftigte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden räumt den Arbeitsvertragsparteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein, das im freien Ermessen sowohl des Arbeitgebers, als auch des Arbeitnehmers steht und nicht am Maßstab der § 315 Abs. 3 BGB / § 106 GewO zu messen ist.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für Beschäftigte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden § 7; BGB § 315

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen 10 Ca 278/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2009; Aktenzeichen 5 AZR 75/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 29.11.2006 – Az.: 10 Ca 278/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Befugnis der Beklagten die Arbeitszeit des Klägers von 40 Stunden in der Woche auf 35 Stunden pro Woche zurückzuführen.

Der Kläger – von Beruf Werkzeugmachermeister – ist seit 1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Abteilung Produktionstechnik beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Beschäftigten in der M. N.-W./N. Anwendung.

Die Beklagte, ein Unternehmen der Automobilindustrie beschäftigt in ihrem Betrieb in S. etwa 450 Arbeitnehmer. Der Kläger hat seit Beginn des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche gearbeitet. Bereits am 30.03.2006 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass sie gem. § 7.1.3. des einschlägigen Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte der M. N.-W./N. (künftig: MTV) den derzeitigen Arbeitsvertrag ab 01.07.2006 von 40 Stunden auf 35 Stunden ändert. Die Beklagte hat bei 23 weiteren Mitarbeitern die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 35 Stunden abgesenkt.

§ 7 MTV lautet:

Regelmäßige Arbeitszeit

7.1.

Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden

7.1.1.

Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des Beschäftigten.

Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen.

7.1.2.

Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden erhalten Beschäftigte eine dieser Arbeitszeit entsprechende Bezahlung.

7.1.3.

Die vereinbarte Arbeitszeit kann auf Wunsch des Beschäftigten oder des Arbeitgebers mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten geändert werden, es sei denn, sie wird einvernehmlich früher geändert. Das Arbeitsentgelt wird entsprechend angepasst.

7.1.4.

Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat jeweils zum Ende eines Kalenderjahres die Beschäftigten mit verlängerter individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit mit, deren Anzahl 18 % aller Beschäftigten des Betriebes nicht übersteigen darf.

Der Kläger hat der Verkürzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit und der damit einhergehenden Verkürzung seiner Vergütungsansprüche widersprochen und eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen gefordert. Er hält die einseitige Änderung der Arbeitszeit durch die Beklagte für unzulässig. Dafür bestehe kein Grund. Er arbeite nicht wesentlich weniger als zuvor.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass die Festlegung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß Schreiben der Beklagten vom 30.03.2006 (Anlage K 1) und die damit verbundene Verkürzung von 40 Stunden auf 35 Stunden wöchentlich unwirksam ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.706,94 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus Teilbeträgen in Höhe von jeweils EUR 568,98 seit dem 01.08.2006, dem 01.09.2006 und dem 01.10.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vertreten, den Arbeitsvertragsparteien sei nach § 7.1.3. MTV freies Ermessen eingeräumt, die Wochenarbeitszeit auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit von 35 Stunden zurückzuführen. Eine Billigkeitsprüfung finde nicht statt. Ganz davon abgesehen entspreche ihre Maßnahme auch billigem Ermessen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage am 29.11.2006 abgewiesen. Zwischen den Parteien habe keine vom MTV unabhängige Vereinbarung der Wochenarbeitszeit bestanden. Auch sei durch die langjährige Beschäftigung mit höherer Arbeitszeit keine diesbezügliche Konkretisierung eingetreten. Die Änderung der Dauer der Arbeitszeit durch die Beklagte unterfalle nicht der Kontrolle des § 315 Abs. 3 BGB/106 GewO. Sie stehe im freien Ermessen des Arbeitgebers. Zur näheren Sachdarstellung wird im Übrigen das angefochtene Urteil in Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das am 07.03.2007 zugestell...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge