Entscheidungsstichwort (Thema)

BAT/BAT-O bei Rückkehr ins Beitrittsgebiet. Anforderungen an die Vereinbarung der (Weiter-)Anwendung des BAT trotz Rückkehr ins Beitrittsgebiet. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Wegen der Bindung des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes an gesetzliche Regelungen, Anweisungen vorgesetzter Dienststellen und Festlegungen im Haushaltsplan kommt eine einzelvertragliche Abweichung von der „Tarifautomatik” nur in Betracht, wenn die Arbeitsvertragsparteien dies klar und deutlich vereinbart haben. Dies gilt auch für die Weiteranwendung des BAT in „Rückkehrfällen” (hier verneint).

2) Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit unterschiedlicher Funktion.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.05.1998; Aktenzeichen 33 Ca 42419/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.08.2000; Aktenzeichen 6 AZR 84/99)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Mai 1998 – 33 Ca 42419/97 – abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreites hat der Kläger zu tragen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die weitere Anwendung des BAT auf das im Beitrittsgebiet begründete Arbeitsverhältnis des Klägers.

Dieser war seit 1984 zunächst im ehemaligen Ostteil Berlins als Investitionsingenieur, später als Betriebshofassistent beschäftigt und ist jetzt als Assistent der Einsatzleitung Technik für die Beklagte tätig. In einem Arbeitsvertrag vom 4. Juni 1992 (Bl. 6 f. d.A.) war vereinbart, daß er ab dem 1. Januar 1992 als Angestellter im Bereich der BSR weiterbeschäftigt würde. § 5 des Arbeitsvertrag sah ab dem 1. Juli 1991 eine Eingruppierung des Klägers in der Vgr. V c und ab dem 1. September 1991 eine solche in der Vgr. V b BAT-O vor.

Seit dem Sommer 1994 wurde der Kläger auf dem Hof S 6 im Westteil der Stadt eingesetzt. Mit Schreiben vom Juli 1994 (Bl. 22 d.A.) teilte ihm die Beklagte unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 folgendes mit:

„Da Sie seit dem 1. Oktober 1994 dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit Ihren Stammarbeitsplatz im Westteil Berlins haben, findet für Sie ab diesem Zeitpunkt das Tarifrecht des BAT/BMT-G Anwendung.”

1995 kehrte der Kläger in den Ostteil der Stadt (Hof S 8) zurück, ohne daß eine Änderung der tariflichen Leistungen erfolgte.

Im Jahre 1996 bewarb sich der Kläger als Assistent der Einsatzleitung Technik, wobei dieses Aufgabengebiet – wie die Beklagte in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt hat – nach dem BAT ausgeschrieben war. Am 11. März 1996 erhielt der Kläger einen neuen Arbeitsvertrag (Bl. 9/10 d.A.), der die Anwendbarkeit des BAT und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge sowie eine Eingruppierung in der Vgr. V b BAT vorsah, obwohl er auf dem Hof R 1 im Ostteil der Stadt eingesetzt war.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß ihm nach seiner Rückkehr in den Ostteil der Stadt in Obereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Leistungen nur noch nach Osttarifrecht zustünden und ab dem 1. Juli 1997 der BAT-O Anwendung fände (Bl. 11 d.A.).

Dagegen hat sich der Kläger nach erfolgloser Vorkorrespondenz mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, einen vertraglichen Anspruch auf die weitere Anwendung des BAT zu besitzen; denn der Arbeitsvertrag vom 11. März 1996 wäre in Kenntnis seines Einsatzes im Ostteil der Stadt bewußt nach dem BAT geschlossen worden. Dies wäre auch durch die Begleitumstände (Ausschreibung, Personalanzeige, Personal-Nr.) bestätigt worden. Auf einen durch eine einseitige Maßnahme zu korrigierenden Irrtum könnte sich die Beklagte daher nicht berufen, die auch in anderen Fällen entsprechend verfahren wäre. Im übrigen wäre der Anspruch auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung begründet; denn die Betriebshofleiter erhielten Leistungen nach dem Tarifrecht West, auch wenn sie im Ostteil der Stadt beschäftigt würden. Unterschiedliche Aufgaben und die auszuübende Tätigkeit könnten zwar eine unterschiedliche Eingruppierung, jedoch nicht die Anwendung unterschiedlichen Tarifrechts begründen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß auch über den 30. Juni 1997 hinaus der BAT (West) sowie die diesen Tarifvertrag ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fände der BAT-O Anwendung, weil das Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet geschlossen worden wäre und gegenwärtig auch noch einen Bezug dazu aufweise.

Der Kläger hätte keinen einzelvertraglichen Anspruch auf die Anwendung des BAT; denn sowohl das Schreiben vom Juli 1994 als auch der Arbeitsvertrag vom 11. März 1996 stellten keine einzelvertragliche Zusage einer übertariflichen Leistung in Form der Anwendung des BAT dar. Die Verweisung auf die Geltung das BAT wäre als reiner Normenvollzug anzusehen. Die Beklagte wendete allgemein und fast u...

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