Leitsatz (amtlich)

Pädagogische Unterrichtshilfe an Schulen für geistig Behinderte im Land Berlin sind „Lehrkräfte” i.S. der tariflichen Vorschriften.

 

Normenkette

BAT-O § 70 VergGr. IVb Lehrer-Richtlinien

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 27.01.2000; Aktenzeichen 19 Ca 26791/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Januar 2000 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise geändert:

  1. Der Feststellungsantrag der Klägerinnen zu 1) und 3) wird abgewiesen.
  2. Auf den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 1) und 3) wird das beklagte Land verurteilt, den Klägerinnen zu 1) und 3) ein Angebot auf Regelung der Vergütung nach der Vgr. IV b BAT-O für die Zeit vom 1.7.1995 bis 28.2.1997 zu unterbreiten und den aufgelaufenen Nettodifferenzbetrag zwischen der Vgr. IV b und der Vgr. V b an die Klägerin zu 1) und den aufgelaufenen Nettodifferenzbetrag zwischen der Vgr. IV b und der Vgr. V c an die Klägerin zu 3) nachzuzahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen zu 1) und 2) jeweils 1/6 und das Beklagte Land 4/6.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land den als pädagogischen Unterrichtshilfen tätigen Klägerinnen für den Zeitraum vom 01.07.1995 bis zum 28.02.1997 Vergütungsdifferenzen zwischen der Vergütungsgruppe IV b und V b (Klägerin zu 1.) bzw. zwischen den Vergütungsgruppen IV b und V c (Klägerin zu 3.) jeweils BAT-O zu zahlen hat. Das beklagte Land tritt dem insoweit entgegen, als es etwaige Ansprüche als verjährt bzw. nach den tarifvertraglichen Ausschlussfristen für verfallen ansieht; zuletzt hat das beklagte Land infrage gestellt, ob die Klägerinnen überhaupt „Lehrkräfte” im Sinne der Lehrerrichtlinien seien und die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe erfüllen.

Die Klägerin zu 1. wird auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 15.06.1992 als Angestellte in der Tätigkeit einer „pädagogischen Unterrichtshilfe” seit dem 01.08.1991 weiterbeschäftigt; die Beklagte zu 3. auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 08. April 1992 ab dem 01. Januar 1991. In den Arbeitsverträgen ist die Anwendung des BAT-O vereinbart; die Anwendung der sog. „Lehrerrichtlinien” ist nicht vereinbart.

Die Klägerinnen sind an der … Sonderschule in … in Klassen für geistig Behinderte tätig.

Die Klägerin zu 1. wurde in dem hier maßgeblichen Zeitraum nach Vergütungsgruppe V b BAT-O und die Klägerin zu 3. nach der Vergütungsgruppe V c BAT-O vergütet.

Pädagogische Unterrichtshilfen werden in Berlin auf der Grundlage der „Sonderschulordnung” an Schulen für geistig Behinderte eingesetzt. Grundprinzip des Unterrichts ist die lebenspraktische Erziehung, den Schülern sollen Fertigkeiten vermittelt werden, die sie zur Selbständigkeit und zur sozialen Integration führen. Der Unterricht umfasst von Montag bis Freitag 35 Zeitstunden; Unterrichtsbestandteil ist die Vorbereitung, Einnahme und Nachbereitung von Mahlzeiten. Hinsichtlich eines Tagesablaufes wird auf die Schilderung der Klägerinnen im Schriftsatz vom 29.05.2000 (Bl. 353 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin zu 1. hat einen „Stundenplan” eingereicht, auf diesen (Bl. 389 d. A.) wird ebenfalls Bezug genommen.

Neben den pädagogischen Unterrichtshilfen sind an der Sonderschule Sonderschullehrer und Betreuerinnen tätig. Der Sonderschullehrer hat im Schuljahresdurchschnitt 24,5 Stunden pro Woche Unterricht zu erteilen, ihm steht zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes pro Woche ein Kontingent von 15 Stunden zur Verfügung. Den pädagogischen Unterrichtshilfen steht für die Vor- und Nachbereitung ihrer Tätigkeit ein Kontingent von 7,5 Stunden pro Woche zur Verfügung.

Im Jahre 1996 erfolgte rückwirkend zum 01. Juli 1995 eine Neuregelung der Vergütung u.a. für pädagogische Unterrichtshilfen und für Lehrer an Sonderschulen. In dem diesbezüglichen Rundschreiben II Nr. 65/1996 vom 20. September 1996 ist u.a. geregelt:

„…

8. Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung (34)

in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen oder als pädagogische Unterrichtshilfe

IV b

nach mindestens achtjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe (22)

IV a.”

Wiedereingefügt wurde eine Fußnote 34, die nunmehr lautet:

„Fußnote 34:

Erzieher(innen), Kindergärtner(innen), Hortnerinnen mit staatlicher Anerkennung als Erzieher oder mit staatlicher Prüfung als Kindergärtnerin/Hortnerin sowie Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung, werden nach diesen Tätigkeitsmerkmal eingruppierungsmäßig behandelt, wenn sie am 01. August 1971 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit auch ausüben oder ihnen bis zum 31. Oktober 1992 diese Tätigkeit übertragen wurde …”

Bei sämtlichen Vergütungsgruppen, die Merkmale für pädagogische Unterrichtshilfen enthalten, ist in den Lehrerrichtlinien zusätzlich eine Fußnote 23 angefügt worden:

„Fußnote 23:

Pädago...

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