Leitsatz (amtlich)

Eine Arbeitnehmerin hat auch dann einen Anspruch auf Leistungen aus einem Sozialplan, der auf sie anwendbar ist und aufgrund dessen ihr eine Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes bei dem Rechtsnachfolger zusteht, wenn sie aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung mit dem Rechtsvorgänger des Arbeitgebers aus anderen als den in dem Sozialplan genannten Gründen eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten hat.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 21.11.1997; Aktenzeichen 23 Ca 20574/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. November 1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 23 Ca 20574/97 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40.000,– DM (vierzigtausend) brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. April 1997 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagte zu 8/19 und die Klägerin zu 11/19 zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 30.04.1938 geborene Klägerin war seit dem 01.07.1962 als Redakteurin bei der B. Verlag GmbH, die unter anderem die Zeitschrift W. herausgab, beschäftigt. Mit Schreiben vom 16.02.1996 kündigte die B. Verlag GmbH das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 31.03.1998. Die Klägerin, die zu der Zeit Betriebsratsmitglied war, legte nach ihrer Behauptung großen Wert darauf, das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03.1998 fortsetzen zu können, um dann in die Altersrente wechseln zu können, und bis zum 31.03.1998 auch tatsächlich weiterbeschäftigt zu werden. Die B. Verlag GmbH und die Klägerin schlossen am 19.07.1996 eine Aufhebungsvereinbarung zur Beilegung des Rechtsstreits um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, in der es unter anderem heißt:

Das Anstellung endet aufgrund der Kündigungserklärung vom 16.02.1996 aus zwingenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.03.1998.

Sie erhalten als Abfindung für den Verlust Ihres Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes in Verbindung mit § 3 Ziff. 9 des Einkommensteuergesetzes den Betrag von DM 147.000,00 brutto.

Die Auszahlung der Abfindung erfolgt mit dem Juli-Gehalt 1996.

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung erlöschen sämtliche Rechte, Pflichten und Ansprüche zwischen Ihnen und dem Verlag.

Mit Wirkung vom 01.12.1996 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte über. Die Beklagte stellte das Erscheinen der W. zum 31.12.1996 ein. Im Hinblick auf diese Betriebsstillegung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.12.1996 aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 31.12.1997. Die Klägerin erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage.

Am 09.01.1997 unterzeichneten die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über den Ausgleich bzw. die Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Schließung des Unternehmens entstehen (Betriebsvereinbarung Sozialplan) (im folgenden nur: Sozialplan), in der es unter anderem heißt:

IV. Abfindungszahlungen bei Kündigungen

1. Mitarbeiter, die infolge betriebsbedingter Kündigung oder aufgrund Aufhebungsvertrages auf Veranlassung des Unternehmens aus betriebsbedingten Gründen ausscheiden, erhalten eine Abfindung.

2. Höhe der Abfindung

2.4. …

  1. Als berücksichtigungsfähige Jahre der Betriebszugehörigkeit zählen nur die im Betrieb zurückgelegten bzw. vom Betrieb ausdrücklich anerkannten Jahre der tatsächlichen Beschäftigung sowie Zeiten des Studiums und der Armeezugehörigkeit nach Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie Zeiten der Freistellung nach dem Wochenurlaub (§ 246 AGB der DDR).

8. Eventuelle Abfindungen aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung oder eines Vergleichs, die für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen sind, werden auf die Abfindung aus dieser Vereinbarung angerechnet.

V. Schlußbestimmungen

2. Diese Betriebsvereinbarung Sozialplan ersetzt alle bisher getroffenen Vereinbarungen zur Regelung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit Struktur- und Rationalisierungsmaßnahmen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe die sich aus dem Sozialplan für sie ergebende Abfindung zu. Mit ihrer am 15.05.1997 eingegangenen Klage im vorliegenden Rechtsstreit hat sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.160,00 DM brutto unter Anwendung der §§ 3 Nr. 9, 24 Nr. 1, 34 EStG zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz wird auf die dort überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch am 21.11.1997 verkündetes Urteil des Arbeitsgerichts Berlin ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin erfülle nicht die in Ziff. IV. 2. 7. des Sozialplans für die Abfindung in der begehrten H...

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