Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 25.03.1993; Aktenzeichen 20 Ca 19569/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.11.1996; Aktenzeichen 8 AZR 205/95)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. März 1993 verkündete Urteil des Arbeitsgerichte Berlin – 20 Ca 19569/92 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben des Beklagten vom 18.6.1992 und 10.8.1992 erklärten Kündigungen nicht aufgelöst worden ist.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens als Sachbearbeiter der Kriminalpolizei weiterzubeschäftigen.

II. Die Berufung des Beklagten gegen das an 25. März 1993 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 20 Ca 19569/92 – wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am … 1963 geborene Kläger ist gelernter Facharbeiter für Nachrichtentechnik. Aufgrund eines am 5. November 1988 unterzeichneten Dienstvertrages mit dem Ministerium des Innern der ehemaligen DDR trat er mit Wirkung vom 1. November 1984 mit dem Dienstgrad Kriminal-Oberwachtmeister als Sachbearbeiter in den Dienst der V. ein. Der Kläger war – zuletzt mit dem Dienstgrad Kriminal-Sekretär – bei der Dienststelle … des Arbeitsgebietes … der Kriminalpolizei beschäftigt.

Nach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf das Land Berlin wurde der Kläger als Sachbearbeiter in der Direktion Verbrechensbekämpfung weiterbeschäftigt. Er nahm an mehreren vom Beklagten durchgeführten Aus- und Weiterbildungslehrgängen sowie an einem dinstbegleitenden Laufbahnlehrgang für Angehörige der ehemaligen Volkspolizei teil und legte mehrere Prüfungen mit Erfolg ab. Mit Schreiben vom 14. Juni 1991 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß seine Übernahme in den mittleren Dienst der Schutzpolizei beabsichtigt sei und daß der weitere Dienst bei der Polizei unter dem Vorbehalt stehe, daß weitere Ermittlungen, insbesondere die Antrage beim (damals noch:) Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes nichts Nachteiliges ergeben würden.

Anfang Oktober 1991 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Sonderbeauftragten vom 30. September 1991 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 6. Oktober 1992; Bl. 64 ff. d.A.). in dem es zu der Dienststelle … unter anderem heißt: „… Die im Finanzprojekt über die Kenn-Nr. … erfaßten Personen sind verdeckt arbeitende Mitarbeiter der Diensteinheiten … des ehemaligen Ministeriums des I. der DDR (MdI). Aus den Dienstanweisungen dieser Diensteinheiten und der jetzt bekannt gewordenen Verflechtung dieser Oragnisationseinheiten mit dem MfS mußt davon ausgegangen werden, daß mit dem MfS eine enge Zusammenarbeit auf konspirativer Basis stattgefunden hat und daß die Aufträge an die Mitarbeiter dieser Einheiten die gleichen Zielstellungen hatten, obwohl die Mitarbeiter oft nicht wußten, wer der Auftraggeber war. … Zwar sind die Mitarbeiter des Arbeitsbereiches … im sogenannten Finanzprojekt des MfS unter der Schlüsselnummer … erfaßt, sie sind jedoch gleichwohl in der Regel nicht Angehörige des MfS. Allerdings ist bei der 1990 erfolgten „Übernahme” der Mitarbeiter des Arbeitsbereiches … in das Ministerium des I. nicht auszuschließen, daß in diesem Arbeitsbereich eingesetzte Offiziere im besonderen Einsatz und hierbei eingesetzte Inoffizielle Mitarbeiter mit in den Personalbestand des Ministeriums des I. bzw. der Bezirksämter gelangten. Die Leiter und die Stellvertreter der Dienststelle … bzw. ihrer Operativgruppen waren grundsätzlich Offiziere im besonderen Einsatz. …”

In einer dem Schreiben des Sonderbeauftragten vom 30. September 1991 als Anlage 3 beigefügten „Information zur ehemaligen Dienststelle …” (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 6.10.1992; Bl. 68 ff. d.A.) heißt es unter anderem: „Die Dienststelle … war eine zentral geführte und selbständig handelnde Struktureinheit des Arbeitsgebietes … der Kriminalpolizei und dem Stellvertreter des Leiters der Hauptabteilung Kriminalpolizei und Leiter der Abteilung … unterstellt. … Auf die Wahrung der Konspiration der Mitarbeiter … auch innerhalb der Polizei wurde durch das MfS großer Einfluß genommen. … Eindeutig ist, die Gehälter der Mitarbeiter … wurden im MfS errechnet, die Bezahlung erfolgte jedoch durch das MdI. … Da es sich bei den Angehörigen dieser Dienststelle nicht um Mitarbeiter des MfS handelte, erfolgte die medizinische Leistungsgewährung durch das MfS auf der Grundlage einer vertraglichen Regelung mit dem MdI. Eindeutig kann … festgestellt werden, daß die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter … Angehörige des MdI waren und auch von dort bezahlt wurden. Eine Ausnahme davon bildeten die Leiter und ihre Stellvertreter der Dienststelle … sowie der Operativgruppen … in den ehemaligen Bezirken, die grundsätzlich Offiziere im besonderen Einsatz (OibE) des MfS waren. … Die … Zusammenarbeitsbeziehungen realisierten die Diensteinheiten der Linie VIII ausschließl...

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