Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt für nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zur Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Vergütungsbestandteile und ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

2) Zur Darlegungs- und Beweislast für erforderliche Betriebsratstätigkeit i. S. von § 37 Abs. 2 BetrVG

 

Normenkette

ZPO § 301; BGB § 611; BetrVG § 37 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 85 Ca 476/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Juni 1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 85 Ca 476/97 – teilweise wie folgt abgeändert:

  1. In Höhe von 4.179,41 DM (viertausendeinhundertneunundsiebzig (41/100) brutto abzüglich 2.693,11 DM (zweitausendsechshundertdreiundneunzig /11/100) netto nebst Zinsen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit durch dieses Teilurteil das Rechtsmittel der Beklagten erledigt ist, trägt der Kläger.

II. Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Juni 1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 85 Ca 476/97 – wird kostenpflichtig insoweit zurückgewiesen, als er die Zahlung weiterer 940,44 DM (neunhundertvierzig 44/100) brutto nebst Zinsen verfangt.

III. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, soweit der Rechtsstreit durch dieses Teilurteil seine Erledigung gefunden hat, tragen der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10.

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 07. April 1986 als Kraftfahrer tätig. Die Kraftfahrer bei der Beklagten arbeiten täglich von 6.00 bis 14.45 Uhr. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der Tarifvertrag für den Berliner Einzelhandel Anwendung

Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrates bei der Beklagten, die mit etwa 550 Beschäftigten 58 Verkaufsstellen betreibt. Der Kläger war bis Anfang Oktober 1996 von der Arbeit freigestellt.

Vor seiner Freistellung im Sommer 1990 schlossen die Parteien am 10. Mai 1990 eine Vereinbarung (Bl. 63 d.A.), wonach sich sein Gehalt aus einem Grundgehalt, berechnet mit 160 Stunden mal Stundenlohn, einer Solo- und Sattelprämie sowie einer Pauschale für Mehrarbeit (für 18,5 Mehrarbeitsstunden im Monat) und Spesenersatz zusammensetzte. Mit der Mehrarbeitspauschale sollte die Mehrarbeit als Kraftfahrer und als Betriebsratsmitglied abgegolten sein. Der Kläger verpflichtete sich ferner, die Frühtouren in jedem Fall, auch während seiner Freistellung als Betriebsratsmitglied, und auch an Sitzungstagen zu fahren, soweit seine Betriebsratsangelegenheiten hierdurch nicht beeinträchtigt würden. Später war der Kläger einvernehmlich auch vom Fahren der Frühtouren während seiner Freistellung befreit.

Auf der Grundlage der genannten Vereinbarung zahlte die Beklagte dem Kläger bis zum 30. September 1996 ein Grundgehalt von 4.054,40 DM (160 Stunden mal 25,34 DM), eine Mehrarbeitspauschale von 584,05 DM sowie Spesen (21 Tage mal 7,00 DM) von 147,00 DM und eine Solo- und Sattelprämie von 264,00 DM.

Der Kläger beteiligte sich am 16. Juli 1996, am 25. Juli 1996 und am 15. August 1996 an Warnstreiks seiner Gewerkschaft. Von den vier Stunden Warnstreik in der Zeit von 6.00 bis 10.00 Uhr am 16. Juli 1996 vergütete die Beklagte den anderen Warnstreikteilnehmern aufgrund einer Vereinbarung mit der HBV zwei Stunden, während sie dem Kläger in der Augustabrechnung für die Warnstreikbeteiligung an den genannten Tagen insgesamt 761,00 DM brutto von seinem Bruttoarbeitsentgelt abzog. Mit Schreiben vom 05. September 1996 machte der Kläger diesbezüglich einen Betrag von 513,02 DM gegenüber der Beklagten geltend.

Bis zum 30. Juni 1997 betrug der Tariflohn in der Tarifgruppe L 6 des Klägers 23,50 DM brutto. Er wurde durch Entgelttarifvertrag vom 13. Oktober 1996 um 1,85 % auf 23,94 DM erhöht, was bei 160 Arbeitsstunden einen Betrag von 70,40 DM ausmachte. Die Beklagte rechnete die Tariflohnerhöhung allen Mitarbeitern ihres Betriebes vollständig und gleichmäßig an. Sie berechnete das übertarifliche Grundgehalt des Klägers weiterhin auf der Grundlage des übertariflichen Stundenlohnes von 25,34 DM. Aus der Anrechnung der Tariflohnerhöhung ergaben sich durch die unterschiedliche Höhe der zuvor gezahlten übertariflichen Zulagen prozentual unterschiedliche Kürzungen der übertariflichen Zulagen in den einzelnen Lohngruppen. Eine Beteiligung des Betriebsrates erfolgte anläßlich der Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die übertariflichen Zulagen nicht.

Nach der Neuwahl des Betriebsrates erfolgte in der Zeit vom 01. bis zum 10. Oktober 1996 dessen Konstituierung. Am 01. Oktober 1996 beschloß der Betriebsrat, den Kläger bis zum Abschluß der Beratung bzw. Klärung von der beruflichen Tätigkeit nach § 37 Abs. 2 BetrVG freizustellen. Nachdem die Beklagte in einem Gespräch mit dem Betriebsrat am 10. Oktober 1996 die Freistellung eines zweiten Betriebsratsmitgliedes über die nach der Staffel des § 38 BetrVG vorgesehene Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes hinaus abgelehnt hatte,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge