Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Entgeltansprüchen. Beendigung der Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist bei beiderseitiger Anregung, neuen Termin nur auf Antrag anzuberaumen. Erhebung der Einrede der Verjährung als rechtsmißbräuchliche Rechtsausübung. Bedeutung des § 211 Abs. 2 BGB bei klageweiser Geltendmachung vor Entstehen des Anspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anregung der Parteien, daß das Verfahren erst nach Vorliegen einer Entscheidung des BAG mit gleichgelagerter Problematik fortgesetzt werden soll, stellt keinen Tatbestand dar, der der dadurch bewirkten Beendigung der Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist wegen eines triftigen Grundes für den Stillstand des Verfahrens entgegensteht.

2. Bei dieser Sachlage liegt in der Erhebung der Einrede der Verjährung durch den Beklagten jedenfalls dann kein Rechtsmißbrauch vor, wenn der Kläger die Entscheidungen in weiteren Verfahren vor dem BAG abwartet. Daß der Beklagte sich zu entsprechenden, an das Gericht gerichteten Mitteilungen des Klägers nicht äußert, ist für die Frage des Rechtsmißbrauchs unerheblich.

3. Im Falle der Beendigung der Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist nach § 211 Abs. 2 BGB findet § 201 BGB mit der Folge keine Anwendung, daß der Lauf der erneuten Verjährungsfrist nicht erst nach Schluß des betreffenden Kalenderjahres beginnt.

4. Bei klageweiser Geltendmachung von Ansprüchen vor ihrem Entstehen führt die Regelung des § 211 Abs. 2 BGB zu keiner Beseitigung des nach § 201 BGB maßgeblichen Beginns des Laufs der Verjährungsfrist.

 

Normenkette

BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8, §§ 198, 201-202, 211 Abs. 2, §§ 217, 225, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 07.11.1996; Aktenzeichen 91 Ca 15925/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Schlußurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. November 1996 – 91 Ca 15925/96 –, soweit dies den Ausspruch zu Ziffer I. betrifft, teilweise abgeändert und zur Klarstellung insoweit wie folgt neu gefaßt:

  1. Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 1994 bis zum 31. März 1994 die Vergütungsdifferenz zwischen der Vergütungsgruppe III BAT (West) und der Vergütungsgruppe III BAT-O nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettodifferenzbetrag seit dem 29. Mai 1996 zuzahlen.
  2. Soweit das beklagte Land im angefochtenen Urteil zu Ziffer I. weitergehend verurteilt worden ist, wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des beklagten Landes gegen den Ausspruch zu Ziffer I. im angefochtenen Urteil wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des entschiedenen Teils des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 5/7 und dem beklagten Land zu 2/7 auferlegt.

 

Tatbestand

Dem Teilurteil liegt die Streitigkeit der Parteien zugrunde, ob das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen der Vergütungsgruppe III BAT (West) und III BAT-O für den Zeitraum vom 01. März 1993 bis zum 31. März 1994 zu zahlen.

Die als Lehrerin beschäftigte Klägerin wurde vom beklagten Land seit dem 01. August 1991, nachdem sie bis dahin im Ostteil der Stadt tätig war, im Bereich des Bezirksamts … von Berlin am Oberstufenzentrum Handel eingesetzt. Sie erhielt dabei weiterhin Vergütung nach BAT-O. Mit Schreiben vom 26. August 1993 verlangte sie die Zahlung „von 100 % nach Westtarif”. Diesen Anspruch verfolgt die Klägerin mit der beim Arbeitsgericht am 20. Dezember 1993 eingegangenen Klage weiter, wobei zwischen den Parteien Einigkeit darüber besteht, daß die Klägerin im Anspruchszeitraum (zumindest) in der Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert ist.

Die Zahlung nach BAT-(West) nahm das beklagte Land, das sich mit der Klägerin in einem Teilvergleich darüber einig wurde, daß auf das Arbeitsverhältnis seit dem 01. August 1992 BAT (West) anzuwenden ist, erst mit Wirkung zum 01. Juli 1995 auf.

Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht vom 21. März 1994 ist folgende Erklärung der Parteien zu Protokoll genommen worden:

„Im Hinblick auf eine zur vorliegenden Problematik in diesem Jahr zu erwartende BAG-Entscheidung regen die Parteien-Vertreter übereinstimmend an, Kammertermin nur auf Antrag anzuberaumen.”

Das Arbeitsgericht hat darauf einen entsprechenden Beschluß verkündet.

Mit Schriftsätzen vom 14. Juni 1994 und vom 13. Oktober 1994 hat sich die Klägerin zum Verfahren wieder gemeldet, jedoch nicht dessen streitige Fortsetzung beantragt. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1995 hat sie folgendes vorgebracht:

„In dem Rechtsstreit P. M ./. Land Berlin – 91 Ca 37139/93 –

wird im Auftrag des derzeit erkrankten Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt, daß entsprechend der vielfachen Ankündigungen von Beklagtenseite zur Vermeidung ggf. unnötiger und aufwendiger Kammertermine die Auswertung der Entscheidungsgründe des BAG-Urteils – 6 AZR 922/94 – vom 01.06.1995 abgewartet werden soll, und zwar unter Aufrechterhaltung der geltend gemachten Ansprüche.”

Unter dem 02. Mai 1996 hat die Klägerin die Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Das ...

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