Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Vergütung von Bereitschaftsdienstzeiten im Bereich des Diakonischen Werks Deutschland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet, über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus Bereitschaftsdienste zu leisten, so kann der durch die Ableistung der Bereitschaftsdienste entstehende Entgeltanspruch dadurch erfüllt werden, dass gegenüber dem Arbeitnehmer auf sein vertragliches Recht auf Schuldung der geleisteten Dienste, also auf Erbringung der geschuldeten Arbeitszeit (hier: 40 Stunden wöchentlich) im Umfang der faktorisierten, im Wege des Bereitschaftsdienstes erbrachten Arbeitszeit verzichtet, der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers für diese Zeit aber fortbesteht und vom Arbeitgeber erfüllt wurde.

2. Dem Arbeitgeber steht gemäß den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland Ost ein Wahlrecht zu, auf welche Weise er die Gegenleistung für geleistete Bereitschaftsdienste erbringt. Er kann entweder für die faktorisierte Arbeitszeit das Überstundenentgelt zahlen oder er kann die faktorisierte Arbeitszeit bis zum Ende des dritten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung abgelten.

 

Normenkette

AVR Diakonie Deutschland Anl. 8 Abschn. A Abs. 5; AVR Diakonie Deutschland Anl. 8 Abs. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Entscheidung vom 12.10.2016; Aktenzeichen 5 Ca 356/16)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 12. Oktober 2016 - 5 Ca 356/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger für im Jahr 2015 geleistete Arbeitszeit noch Vergütung bzw. Schadensersatz zahlen muss, hilfsweise darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Arbeitszeitkonto des Klägers noch Arbeitsstunden gutzuschreiben.

Der Beklagte ist ein Verein, der Leistungen im Rettungsdienst erbringt und dem Diakonischen Werk angeschlossen ist. Unter dem 17. Dezember 2001 schlossen die Parteien einen schriftlichen Dienstvertrag, in dem auszugsweise Folgendes bestimmt ist:

"§ 1

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Probezeit, Dienstort, Arbeitszeit

1) Herr M. S. tritt am 01.01.2002 als Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport in den Dienst des Kreisverbandes Dahme-Spreewald mit einer Arbeitszeit von 40,0 Stunden wöchentlich. Der Einsatz erfolgt als Rettungssanitäter.

.....

§ 2

Vertragsgrundlagen

Für das Dienstverhältnis gelten soweit sich aus diesem Dienstvertrag nichts anderes ergibt die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-Ost) - Bund/Länder (B/L) Fassung - in der jeweils gültigen Fassung mit Ausnahme der §§ 1a Absatz 2; 11a; 26; 27; 27a AVR. Die Arbeitsvertragsrichtlinien sind im Auszug als Anlage beigefügt.

§ 6

Bereitschaftsdienst

Der Arbeitgeber ist gemäß Anlage 8 der AVR berechtigt, Bereitschaftsdienst/Rufbereitschaft anzuordnen. Näheres wird in einer Nebenabrede gemäß Anlage 8 Abs. 5 der AVR als Anlage zum Dienstvertrag geregelt."

Wegen des weiteren Inhalts des Dienstvertrages vom 17. Dezember 2001 wird auf die Anlage K1 (Bl. 10 bis 12 der Akte) Bezug genommen.

Der Kläger ist nunmehr als Rettungsassistent im Bereich des Regionalverbandes Südbrandenburg des Beklagten tätig und war im Kalenderjahr 2015 in den Rettungswachen L. und G. eingesetzt.

Die im Jahr 2015 geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die der Diakonie Deutschland angeschlossen sind, Sonderregelung AVR - Fassung Ost - (nachfolgend bezeichnet als AVR DD Ost) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"I. ALLGEMEINE GRUNSÄTZE

§ 1 Diakonischer Auftrag, Dienstgemeinschaft, Umbenennung

(1a) Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland heißt seit dem Jahr 2012 Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband. Der Name der Arbeitsrechtlichen Kommission, die das Beschlussgremium für diese Arbeitsvertragsrichtlinien ist, wurde demgemäß geändert in Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland. Daher heißen die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland mit Beschluss vom 23. Januar 2014 Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland.

III. ARBEITSZEIT

§ 9 Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. Die Woche beginnt am Montag um 0.00 Uhr und endet am Sonntag um 24.00 Uhr. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Kalenderjahr zugrunde zu legen.

....

(2) Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters beträgt 8 Stunden. Der Tag beginnt um 0.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr.

....

(3)

....

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft gilt Anlage 8.

§ 9b Arbeitszeitkonten

(1) Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber richtet für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ein Jahresarbeitszeitkonto ein und führt d...

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