Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvertragliche Widerrufsklausel. Firmenfahrzeug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Falle eines arbeitsrechtlichen Widerrufsvorbehalts muss im Vertragstext deutlich werden, genau welche Leistung von einem möglichen Widerruf betroffen sein soll und in welchen Fällen der Arbeitnehmer mit dem Widerruf rechnen muss.

2. Dazu muss wenigstens die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll (BAG vom 11.10.2006 – 5 AZR 721/05).

3. Zur Auslegung eines so im Vertrag beschriebenen Widerrufsgrundes kann auch auf die Bedingungen zurückgegriffen werden, die der Einräumung der (widerrufenen) Leistung zugrunde gelegt wurden.

 

Normenkette

BGB § 305 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 20.05.2008; Aktenzeichen 54 Ca 2912/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.04.2010; Aktenzeichen 9 AZR 113/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20.05.2008 – 54 Ca 2912/08 – geändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Klägerin ein Anspruch auf Überlassung eines Dienstwagens und ein Schadensersatzanspruch wegen Entzugs desselben zusteht.

Die Klägerin war seit dem 01.01.2001 als Vertriebsbeauftragte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig; ihr war seit Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Firmenfahrzeug mit Privatnutzungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt worden.

Nachdem das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen war, schlossen die nunmehrigen Arbeitsvertragsparteien am 02.05.2005 eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, in der es unter der Überschrift „Geschäftsfahrzeugüberlassung gemäß Ziffer 3 a und 3 b der Konzern C. P.” unter anderem heißt:

„Frau S. D. … wird ein Geschäftsfahrzeug der Kat. V gemäß der Konzern C. P. in der jeweils gültigen Fassung zur Verfügung gestellt.

Die Konzern C. P. in ihrer jeweils gültigen Fassung einschließlich aller jeweils geltenden Anlagen zur Konzern C. P. ist Bestandteil dieser Überlassungsvereinbarung. Die in der Konzern C. P. und den Anlagen geregelten Verpflichtungen sind mit Abschluss dieser Überlassungsvereinbarung für den Geschäftsfahrzeugberechtigten bindend. Insbesondere wird auf die Geltung der Nutzungsordnung für Geschäftsfahrzeuge in ihrer jeweils gültigen Fassung verwiesen ….

Auf die Möglichkeit des Widerrufs der Überlassung des Geschäftsfahrzeugs gem. Konzern C. P. (Beendigung/Widerruf der Gfz-Überlassung) wird besonders hingewiesen. Das Unternehmen behält sich darüber hinaus im Rahmen der Konzern C. P. vor, den Berechtigtenkreis aus wirtschaftlichen Gründen einzuschränken und die Geschäftsfahrzeugüberlassung auch deshalb zu widerrufen …”.

Die Konzern C. P. (im Folgenden: CP), Stand 1.9.2005 (Kopie Bl. 68 – 82 d. A.) lautet auszugsweise:

„…

3. Berechtigtenkreis

Geschäftsfahrzeuge (Gfz) werden zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt:

  1. soweit unter Markt- und wirtschaftlichen Gesichtpunkten sinnvoll, weiteren Funktionen des außertariflichen und tariflichen Bereichs nach spezifischer Festlegung und Definition in der Verantwortung der Unternehmen.

    Das Vorliegen dieser Gesichtspunkte wird durch das Unternehmen regelmäßig überprüft ….

9.4 Wirtschaftlichkeit

Für die Nutzung des Gfz für Geschäfts- und Privatfahrten sind strenge Wirtschaftlichkeitsmaßstäbe anzulegen und einzuhalten. Dies erfordert neben kraftstoffsparender und wagenschonender Fahrweise vor allem auch eine kostenbewusste Beschränkung der Fahrleistung. …

12. Beendigung/Widerruf der Gfz-Überlassung

Die Überlassung des Gfz ist an das bestehende Anstellungsverhältnis gebunden und endet automatisch mit der Beendigung des Anstellungsvertrages.

Vom Angestellten zu vertretende Verstöße gegen die Bestimmungen der Konzern C. P. oder die Verletzung von Pflichten als Fahrzeugführer berechtigen das Unternehmen zum Widerruf der Gfz-Überlassung.

Bei Geschäftsfahrzeugen, die gemäß Ziffer 3 b) vergeben wurden, ist der jeweilige Entscheider verantwortlich für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit. Die Überprüfung ist durch geeignete jährliche Maßnahmen sicherzustellen. Fallen die Voraussetzungen für die Überlassung des Gfz weg, hat der jeweilige Entscheider dafür Sorge zu tragen, dass die Überlassung des Gfz widerrufen wird. In diesem Fall hat der Angestellte das Gfz unverzüglich zurückzugeben …”.

Dem lag zugrunde, dass die Klägerin im Rahmen eines von ihr gestellten Antrages auf Überlassung eines Firmen-Pkw im Februar 2005 eine Fahrleistung von 28.360 km und 130 Reisetage je Jahr prognostiziert hatte. In einem weiteren Antrag von Mai 2005 hatte sie 166 Reisetage bei insgesamt 49.500 km als Prognose für die dienstliche Nutzung des PKW angegeben.

Mit Schreiben vom 15.08.2007 (Bl. 17 d. A.) sprach die Beklagte einen Widerruf der Überlassung des Geschäftsfahrzeuges aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsfahrzeugüberlassung habe ergeben, dass die Wirtschaftlichkeitskriterien nicht erfü...

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