Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuweisung gleichwertiger Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Tatsächliche Übertragung höherwertiger Tätigkeit als relevanter Zeitpunkt für Höhergruppierung. Vereinbarung bei dauerhafter Zuweisung höherwertiger Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Bestimmung der richtigen Stufe nach einer Höhergruppierung kommt es auf den Zeitpunkt der Höhergruppierung und damit auf den Zeitpunkt an, zudem dem Beschäftigten die höherwertige Tätigkeit wirksam dauerhaft übertragen worden ist. Eine nur vorübergehend übertragene, höherwertige Tätigkeit löst keine höhere Eingruppierung aus.

2. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem Beschäftigten dauerhaft nur Tätigkeiten zuweisen, die von ihrer Wertigkeit der Entgeltgruppe entsprechen, in der der Beschäftigte eingruppiert ist.

Die dauerhafte Zuweisung einer höherwertigen setzt eine ausdrückliche oder zumindest stillschweigende arbeitsvertragliche Vereinbarung voraus. Diese beinhaltet nicht nur die Frage, ob dem Beschäftigten eine höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird, sondern auch den Zeitpunkt ab dem die höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird.

 

Normenkette

GewO § 106; ZPO § 256; TV-L §§ 4, 12, 14, 16-17; ArbGG § 72 Abs. 2; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 26.05.2021; Aktenzeichen 56 Ca 12474/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Mai 2021, Az. 56 Ca 12474/20, abgeändert und festgestellt, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe E 9a des TV-L eingruppiert ist.

II. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer rückwirkenden dauerhaften Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

Der Kläger ist seit 1995 bei dem beklagten Land beschäftigt. Er war zunächst als Polizeiangestellter im Objektschutz und nachfolgend beim Gefangenendienst im Abschiebegewahrsam tätig. 2006 wechselte er auf eigenen Wunsch zur Parkraumbewirtschaftung des Ordnungsamtes C. Im Jahr 2010 kehrte er zur Polizei zurück und wurde mit Wirkung zum 1. November 2010 von der Vergütungsgruppe VIb BAT/BAT-O in die Entgeltgruppe 6 Stufe 3+ TV-L übergeleitet und mit Wirkung zum 22. Dezember 2012 in die Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TV-L höhergruppiert und entsprechend vergütet. Ab Dezember 2015 vergütetet das beklagte Land den Kläger aufgrund des vollzogenen Stufenaufstiegs nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-L.

Der Kläger bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle als "Sachbearbeiter/Sachbearbeiterin Videodokumentation" beim LKA 62 (KZ 2-012-18), bewertet nach Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L (Teil I der Anlage A zum TV-L). Mit Wirkung vom 1. August 2019 setzte das beklagte Land den Kläger zunächst probeweise auf dieser Stelle ein. Aufgrund der vorübergehenden Übertragung erhielt der Kläger weiterhin Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-L. Bis November 2019 betrug sein Tabellenentgelt 3.177,31 EUR brutto. Im Dezember 2019 erhielt er aufgrund des erneuten Stufenaufstiegs eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L. Im Dezember 2019 betrug das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L 3.302,32 EUR brutto. Ab Januar 2020 erhöhte sich das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L auf 3.405,35 EUR brutto.

Das beklagte Land entschied noch im Jahr 2019, die dem Kläger probeweise übertragene Stelle dauerhaft zu übertragen. In einem Schreiben der Stellenwirtschaft vom 7. November 2019 an die Personalstelle heißt es:

"Dauerhafte Übertragung höherwertiger Tätigkeiten

...

Mit Wirkung vom 01.08.2019 wird dem Vollzeitbeschäftigten

Herrn D. Z., ...,

eingruppiert in EG 8 TV-L,

Stelle der EG 6 TV-L,

...

dauerhaft das höherwertige Aufgabengebiet "Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter Videodokumentation" bei LKA 62, bewertet nach EG 9 Fgr. 3 Teil I der Anlage A zum TV-L, unter Änderung seines Beschäftigungsverhältnisses, übertragen.

Sein Entgelt nach EG 9 Fgr. 3 TV-L, Erfahrungsstufe 3 (mit Garantiebetrag), erhält Herr Z. rückwirkend unter Berücksichtigung des vorgenannten Sachverhalts aus dem Kapitel 0543/42801. ...

Gleichzeitig wird der Beschäftigte mit Wirkung vom 01.08.2019

von der Stelle der EG 6 TV-L, verbunden mit dem Aufgabengebiet

"Gefangenenbewacher/in"

...

auf die Stelle der EG 9 Fgr. 3 TV-L, verbunden mit dem Aufgabengebiet

"SB/in Videodokumentation"

...

umgesetzt."

Das interne Schreiben ist hinter der Angabe "LKA St 32" mit einer handschriftlichen Paraphe mit dem handschriftlichen Zusatz "18/12/19" versehen worden. Es wird insoweit auf die Anlage K1, Blatt 7 der Akte, Bezug genommen.

Das beklagte Land setzte den Kläger mit Schreiben vom 13. Februar 2020 von der rückwirkenden dauerhaften Übertragung der Tätigkeit in Kenntnis. Das Schreiben (Anlage K 2, Blatt 8 f. der Akte) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"... Mit Wirkung vom 1. August 2019 wurde Ihnen nach festgestellter Eignung nunmehr dauerhaft die Tätigkeit Sachbearbeiter Videodokumentation ...

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