Entscheidungsstichwort (Thema)

Benachteiligung bei fehlender fiktiver Nachzeichnung des beruflichen Werdeganges

 

Leitsatz (amtlich)

Die unzutreffende Nachreichung des beruflichen Werdegangs, die eine zu hohe Eingruppierung des freigestellten Personalratsmitglieds (hier: von Entgeltgruppe 6 in die Entgeltgruppe 14 TVöD) zur Folge hat, verstößt gegen das Bereicherungsverbot des § 107 BPersVG. Gleiches gilt für Gewährung pauschaler Stundengutschriften im Hinblick auf Personalratstätigkeiten, die zugleich das Ehrenamtsprinzip verletzt.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Erfüllung der ehrenamtlichen Tätigkeit als Personalratsmitglied darf zu keinen Beeinträchtigungen des beruflichen Werdeganges führen. Umgekehrt darf das Amt aber auch keine Begünstigungen mit sich bringen (hier: Stundengutschrift).

 

Normenkette

PersVG Berlin § 42; BPersVG § 107; PersVG Berlin § 43 Abs. 1 S. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.09.2018; Aktenzeichen 16 Ca 10014/17)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11.09.2018 - 16 Ca 10014/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte eine Eingruppierung des Klägers, die im Wege der Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs erfolgte, sowie pauschale Stundengutschriften auf einem Lebensarbeitszeitkonto rückgängig machen durfte.

Die Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und erbringt Leistungen in den Bereichen Abfallwirtschaft und Reinigung. Bei ihr sind ein Gesamtpersonalrat und jeweils ein Personalrat für die Geschäftseinheiten Abfallwirtschaft, Reinigung und Hauptverwaltung gebildet.

Der Kläger erwarb im Jahr 1978 den Abschluss einer polytechnischen Oberschule nach der 10. Klasse und absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugschlosser mit Spezialisierung Berufskraftfahrer. Seit dem 05.01.1981 war der Kläger bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern auf der Grundlage der Arbeitsverträge vom 06.01.1981 (Bl. 9 f. der Akten) und vom 18.03.1992 (Bl. 7 f. der Akten) als Berufskraftfahrer tätig. Er wurde im Jahr 1990 in den Personalrat Abfallwirtschaft gewählt und ab dem 15.11.1990 - seitdem ununterbrochen - von seiner Tätigkeit als Kraftfahrer zur Wahrnehmung von Personalratsaufgaben freigestellt. Von 2004 war der Kläger Vorsitzender des Personalrats Abfallwirtschaft und ab 2007 bis zum 06.09.2017 Vorsitzender des Gesamtpersonalrats; er gehört weiterhin dem genannten Personalrat und dem Gesamtpersonalrat an. Während seiner Freistellung erwarb der Kläger in den Jahren 1997 bis 1999 eine berufsbegleitende Zusatzqualifikation zum Personalfachkaufmann und nahm in der Zeit vom 31.10.2014 bis zum 07.11.2015 erfolgreich an einer Management-Qualifikation an der Universität Hamburg teil, die an zwölf Tagen zusätzlich eines Auftakt- und Abschlussworkshops durchgeführt wurde. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet u.a. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD-VKA) Anwendung.

Der Kläger beantragte bei dem damaligen Vorstand der Beklagten Personal und Soziales Sch., seinen beruflichen Werdegang nachzuzeichnen. Er bewarb sich im Jahr 2011 um eine Stelle als Betriebshofleiter in der Müllabfuhr, die der Entgeltgruppe 15 der Anlage 1 - Entgeltordnung - TvöD-VKA zugeordnet ist; wegen der diesbezüglichen Beschreibung des Aufgabenkreises wird auf Bl. 194 ff. der Akten verwiesen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 23.01.2012 an die berufliche Nachzeichnung erinnert hatte, teilte Herr Sch. dem Kläger unter dem 25.01.2012 (Bl. 13 f. der Akten) mit, er - der Kläger - könne für die Stelle des Leiters Verwaltung/Personal in der Geschäftseinheit Abfallverwertung/-beseitigung aufgebaut werden, die mit der Entgeltgruppe 14 bewertet sei und auch einmal mit der Entgeltgruppe 15 bewertet werden könne. Der Kläger erklärte sich mit Schreiben vom 26.01.2012 (Bl. 15 der Akten) mit dieser beruflichen Entwicklung einverstanden und nahm seine Bewerbung um eine Stelle als Betriebshofleiter zurück. Herr Sch. beteiligte den Personalrat zu der genannten Höhergruppierung und Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit, wobei er zur Begründung (Bl. 520 f.) u.a. angab, der Kläger habe als Personalfachkaufmann eine einschlägige Berufserfahrung für eine Tätigkeit mit einem hohen Anteil an Aufgaben mit Bezug zum Personalwesen; im Falle der Bewerbung auf die Position des Leiters Verwaltung/Personal in der Vergangenheit hätte die Stelle mit dem Kläger besetzt werden können. Die Parteien schlossen daraufhin unter dem 13.02.2012 einen Arbeitsvertrag (Bl. 16 f. der Akten), wonach der Kläger ab dem 01.02.2012 als Arbeitnehmer mit der jeweils durchschnittlichen regelmäßigen tarifvertraglichen Arbeitszeit von derzeit 39 Stunden weiterbeschäftigt und in die Entgeltgruppe 14 eingruppiert werde. Die Beklagte stufte den Kläger ferner in die Entgeltstufe 3 der Entgeltgruppe 14 ein. In...

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