Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachtzuschlag. Tarifvertrag. stillschweigende Regelung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann auch in einer tariflichen Grundvergütung enthalten sein, wenn der Tarifvertrag dafür genügend Anhaltspunkte hat.

 

Normenkette

ArbZG § 6 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 14.01.2010; Aktenzeichen 24 Ca 10178/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 2010 – 24 Ca 10178/08 – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.680,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Nachtzuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG.

Die Beklagte ist ein 100%iges Tochterunternehmen der DB A. GmbH und ist mit der Erbringung von Serviceleistungen für Zugreisende, insbesondere in den Bereichen Betreuung, Bewirtschaftung und betriebliche Borddienste im Nachtreiseverkehr sowie in Autoreisezügen, befasst. Sie entstand im Jahre 2002 aus dem Teilbereich Nachtreiseverkehr des Geschäftsbereichs „Service im Zug” der M. AG. Sie beschäftigt ca. 45 stationär tätige Mitarbeiter und – saisonabhängig – ca. 650 Mitarbeiter im Fahrdienst.

Die Klägerin ist 47 Jahre alt und seit dem 2. Januar 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als „Stewardess mit Zugschaffnerfunktion” entsprechend einer Arbeitsplatzbeschreibung (Bl. 64 d.A.) beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Firmentarifverträge der Beklagten aufgrund Verbandszugehörigkeit der Klägerin Anwendung. Unter dem 28. Juni 2002 legten die Beklagte und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) das „Ergebnis der Verhandlungen zur Überleitung der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer/innen der M. AG SIZ Nachtverkehr zur DB RBS GmbH” schriftlich nieder (Bl. 56-57 d.A.). Dabei wurde unter anderem die Fortgeltung des Ergänzungstarifvertrages über spezifische Regelungen Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Geschäftsbereiches SiZ Ost vom 27. Juni 1997 (ErgTV SiZ/Ost) festgelegt. Zu einem zwischen der M. AG und der Gewerkschaft NGG am 26. März 2002 vereinbarten Eckpunktepapier wurde in der Vereinbarung vom 28. Juni 2002 unter anderem festgehalten:

„Die tägliche Arbeitszeit im Fahrdienst kann wegen des regelmäßig hohen Anteils an Arbeitsbereitschaft (reine Servicebereitschaft gegenüber den Reisenden) gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 4a ArbZG über 8 Stunden hinaus verlängert werden; sie darf, abhängig vom Zugeinsatz, jedoch eine Dauer von 16 Stunden nicht überschreiten.”

Die Fortgeltung des Ergänzungstarifvertrages über spezifische Regelungen im Geschäftsbereich SiZ – Service im Zug/Ost” wurde in den späteren Tarifverhandlungen am 30. März 2006 erneut vereinbart (Bl. 30 d.A.).

Nach § 5 Nr. 1.1 des Ergänzungstarifvertrages (Bl. 62 d.A.) erhalten Arbeitnehmer/-innen im stationären Dienst Tarifentgelt der Staffel I sowie Feiertags-, Mehrarbeits- und Nachtzuschläge. Nach der dortigen Nr. 1.2 erhalten Arbeitnehmer/-innen im Fahrdienst Tarifentgelt der Staffel II (85% der Staffel I) und einen umsatzabhängigen Provisionslohn sowie Feiertags- und Mehrarbeitszuschläge, aber keine Nachtzuschläge. Entsprechend regelt § 3 Ziffer 4.3 des Ergänzungstarifvertrages, dass nur stationär beschäftigte Arbeitnehmer für Nachtarbeit einen Zuschlag von 15% zum Tarifentgelt je Arbeitsstunde in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr erhalten. Die Klägerin ist nach Tarifgruppe 5 eingruppiert. Dazu gehört nach § 7 Ziff. 1 des Ergänzungstarifvertrages u.a. auch die Tätigkeit von Nachtstewardessen (Bl. 63 d.A.).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Nachtzuschläge gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die vom 1. Februar 2008 bis 30. April 2008 und vom 1. Oktober 2008 bis 31. Januar 2009 während der Nachtzeit geleisteten Stunden in Höhe von 25% des tariflichen Stundenlohns, entsprechend 1,88 EUR je Stunde bzw. ab dem 1. Oktober 2008 in Höhe von 1,96 EUR je Stunde. Die Klägerin hat diese Ansprüche jeweils rechtzeitig geltend gemacht. Für die Zeit ab Februar 2009 begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr der Nachtzuschlag nach Wahl der Beklagten als Freizeitausgleich oder in Höhe von 25% der tariflichen Stundenvergütung zustehe.

Die Klägerin führt aus, dass die Tätigkeit im Nachtdienst aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nicht zu wesentlichen Teilen aus Bereitschaftszeiten bestehe. Die Belastung der Mitarbeiter im Nachtverkehr sei keine geringere als die der Mitarbeiter im Tagverkehr, sondern lediglich anders gestaltet. Neben den Tätigkeiten im Restaurant seien weitere Tätigkeiten wie zum Beispiel das Wecken von Gästen und das Abziehen der Bettwäsche durchzuführen. Da die tarifliche Vergütung nicht zwischen der Arbeit im Tagverkehr und der im Nachtverkehr differenziere, sei ein Nachtzuschlag in der tariflichen Vergütung nicht enthalten.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 403,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Bas...

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