Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von § 20 TV-L. Jahressonderzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L

2. War ein Arbeitnehmer in einem Kalenderjahr auf Basis von zwei Arbeitsverhältnissen tätig, bemisst sich die Höhe der Jahressonderzahlung ausschließlich nach dem Arbeitsverhältnis, das den Stichtag (1. Dezember) mit einschließt (a. A. LAG Rheinland-Pfalz 10.02.2010 – 8 Sa 579/09 – juris). Dies gilt jedenfalls dann, wenn beide Arbeitsverhältnisse nicht nahtlos aneinander anschließen.

 

Normenkette

TV-L § 20 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 16.12.2010; Aktenzeichen 58 Ca 2884/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.12.2012; Aktenzeichen 10 AZR 594/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.12.2010 – 58 Ca 2884/10 – abgeändert:

Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 4. November 2010 abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für das Jahr 2009 eine um 1.205,18 EUR brutto erhöhte Sonderzahlung zusteht.

Der Kläger ist diplomierter Sportlehrer. Er ist seit dem 26. Mai 2008 bei dem beklagten Land auf Basis von Zeitverträgen beschäftigt. Im Jahre 2009 war er durchgängig bis zum 14. Juli 2009 tätig. Nach Ablauf der Berliner Sommerferien schloss sich ein weiteres Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 28. August 2009 bis 7. Juli 2010 an. Mit dem Novembergehalt zahlte das beklagte Land an den Kläger eine Sonderzuwendung in Höhe von 843,63 EUR. Dies entspricht 5/12 der vollen Jahressonderzuwendung. Mit Schreiben vom 18. November 2009 und 17. Dezember 2009 begehrte der Kläger die Zahlung einer höheren Sonderzuwendung unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit vom 1. Januar bis 14. Juli 2009 (Bl. 5 ff. d. A.).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe die Sonderzuwendung in voller Höhe zu, da er in jedem Kalendermonat Entgelt erhalten habe.

Mit Versäumnisurteil vom 4. November 2010 hat das Arbeitsgericht Berlin das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 1.205,18 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009 zuzahlen. Der hiergegen gerichtete Einspruch ging am 11. November 2010 beim Arbeitsgericht ein.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Das beklagte Land hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, dass im Tarifvertrag keinerlei Hinweis enthalten sei, dass ein früheres Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen ist. Im Übrigen hat es auf Rundschreiben der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder und des Bundesministers des Inneren verwiesen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 16. Dezember 2010 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes führe eine Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses nicht dazu, dass die tarifliche Jahressonderzahlung gem. § 20 TV-L erst ab dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Der Tarifwortlaut sei eindeutig. Weder aus der Tarifnorm noch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang seien Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass bei einer rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses die Jahressonderzahlung auch entsprechend dem zeitlichen Anteil der vor der Unterbrechung liegenden Kalendermonate zu kürzen ist.

Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 3. Februar 2011 zugestellt worden. Die Berufung ging am 28. Februar 2011 beim Landesarbeitsgericht ein. Am 4. April 2011 (Montag) erfolgte die entsprechende Begründung.

Das beklagte Land ist weiterhin der Ansicht, dass beide Arbeitsverhältnisse im Jahre 2009 getrennt zu betrachten seien. Es weist darauf hin, dass der Kläger keinerlei Jahressonderzuwendung beanspruchen könnte, wenn er in diesem Kalenderjahr insgesamt nur bis zum 14. Juli 2009 beschäftigt worden wäre. Es sei kein Gesichtspunkt erkennbar, warum dieses vorangegangene Arbeitsverhältnis nunmehr sich hinsichtlich der Sonderzahlung erhöhend auswirken solle.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 58 Ca 2884/10 – vom 16. Dezember 2010 abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 4. November 2010 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist weiterhin der Ansicht, dass bei der Berechnung der Höhe der Sonderzahlung nicht nur das letzte Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen sei. Er verweist auch darauf, dass das vorangegangene Arbeitsverhältnis ausschließlich aus Interesse des Beklagten beendet worden sei.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist angesichts des Streitwerts auch statthaft.

II.

Die Berufung des beklagten Landes ist begründet. Dem Kläger steht über die gezahlte Sonderzuwendung für das Jahr 2009 hinaus kein weiterer Betrag in Höhe von 1.205,18 EUR brutto zu. Daher war das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Unter Aufhebung des V...

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