Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerantrag auf Zwangsgeld und ersatzweiser Zwangshaft bei Nichterfüllung von Abrechnungsverpflichtungen der Arbeitgeberin. Nachholung unterbliebener Festsetzung einer bestimmten Haftdauer vor Erlass eines Haftbefehls

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird gegen einen Schuldner zur Erzwingung einer nicht vertretbaren Handlung ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festgesetzt (§ 888 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. ZPO) ist für die Ersatzzwangshaft eine bestimmte Dauer im Verhältnis zur Höhe des Zwangsgeldes festzusetzen.

2. Ist keine bestimmte Dauer festgesetzt worden, ist dies vor dem Erlass eines Haftbefehls (§ 888 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 802g Abs. 1 ZPO) in einem gesonderten Beschluss analog Art. 8 EGStGB nachzuholen.

 

Normenkette

ZPO § 888 Abs. 1 S. 3, § 802g Abs. 1, § 888 Abs. 1 S. 1; StGBEG Art. 8; ZPO § 888 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; EGStGB Art. 8

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 09.12.2016; Aktenzeichen 57 Ca 12275/15)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. Dezember 2016 - 57 Ca 12275/15 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im dem dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorausgegangenen Erkenntnisverfahren verpflichtete sich die Schuldnerin und damalige Beklagte in einem am 7. Januar 2016 durch gerichtlichen Beschluss festgestellten Vergleich u. a., gegenüber dem Gläubiger und damaligen Kläger dessen Provisionen für die Monate August bis November 2015, die sog. Neuverordnerprämie für die Monate Mai bis November 2015 und die Provisionen für die Monate Juli 2014 bis Oktober 2015, die wegen nicht beglichener Patientenrechnungen noch nicht abgerechnet worden waren, abzurechnen. Wegen der Einzelheiten der übernommenen Verpflichtungen wird auf die Nrn. 3, 5 und 6 des gerichtlichen Vergleichs vom 7. Januar 2016 (Bl. 64 ff. d. A.) verwiesen. Der Beschluss, durch den das Zustandekommen des Vergleichs feststellt wurde, wurde der Schuldnerin am 14. Januar 2016 zugestellt. Am 14. September 2016 erteilte das Arbeitsgericht dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses.

Mit am 13. Oktober 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 beantragte der Gläubiger, gegen die Schuldnerin wegen Nichterfüllung der Abrechnungsverpflichtungen aus dem Vergleich vom 7. Januar 2016 trotz Mahnung mit Schreiben vom 21. September 2016 Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festzusetzen. Das Arbeitsgericht gab der Schuldnerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen und verlängerte diese Frist auf Antrag der Schuldnerin bis zum 10. November 2016. Eine Stellungnahme der Schuldnerin ging beim Arbeitsgericht weder bis zum 10. November 2016, noch in der Zeit danach ein.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 hat das Arbeitsgericht gegen die Schuldnerin zur Erzwingung ihrer Abrechnungsverpflichtungen aus den Nrn. 3 und 5 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000,00 Euro, ersatzweise Zwangshaft, und zur Erzwingung ihrer Abrechnungsverpflichtung aus der Nr. 6 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 Euro, ersatzweise Zwangshaft festgesetzt. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass die Schuldnerin die Vollstreckung der Zwangsmittel durch Erfüllung der genannten Abrechnungsverpflichtungen abwenden könne. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses und dessen Begründung wird auf den Akteninhalt (Bl. 104 d. A.) Bezug genommen.

Gegen diesen der Schuldnerin am 21. Dezember 2016 zugestellten Beschluss hat sie mit am 22. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und behauptet, sie habe dem Gläubiger die Abrechnung nach der Nr. 3 des Vergleichs erteilt, Auskunft hinsichtlich der Neuverordnerprämie nach der Nr. 5 des Vergleichs gegeben und die angeblich nicht gezahlten Provisionen nach der Nr. 6 des Vergleichs gezahlt. Wegen der Beibringung von Nachweisen für ihre Behauptungen hat sie Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2017 beantragt, welche ihr gewährt worden ist. Mit am 31. Januar 2017 eingegangenem Schriftsatz hat sie erneut Fristverlängerung bis zum 27. Februar 2016 beantragt, welcher der Gläubiger mit Schriftsatz vom 13. Februar 2017 widersprochen hat. Wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung, der Fristverlängerungsanträge und der Einwände des Gläubigers wird auf die Schriftsätze der Schuldnerin vom 22. Dezember 2016 (Bl. 111 f. d. A.) und 31. Januar 2017 (Bl. 116 d. A.) sowie den Schriftsatz des Gläubigers vom 13. Februar 2017 (Bl. 118 f. d. A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2017 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da die Schuldnerin innerhalb der ihr gewährten Fristverlängerung weder konkret dargelegt, noch Unterlagen vorgelegt habe, aus denen sich ergebe, dass sie ihren Verpflichtungen aus dem gerichtlichen Vergleich nachgekommen sei und ein Grund für eine weitere Fristverlängerung nicht bestehe...

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