Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigung von Beamten in privatisierten Unternehmen. Einstellung. Zuweisung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden im Rahmen der Privatisierung eines kommunalen Krankenhauses die dort beschäftigten Beamten auf Dauer gem. § 123 a BRRG dem privaten Träger zugewiesen, wobei gleichzeitig eine Beurlaubung im Beamtenverhältnis und die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses erfolgt, so stellt die Weiterbeschäftigung dieser Beamten nach Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG dar, auch wenn nicht erneut ein Arbeitsverhältnis begründet wird.

2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die beamtenrechtliche Zuweisung zu dem privaten Arbeitgeber rechtskräftig auf Dauer erfolgt. Die notwendige Auswahlentscheidung des Arbeitgebers betrifft zumindest die Auswahl des konkreten Arbeitsplatzes. Dies ist für die Bejahung eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates ausreichend.

 

Normenkette

BetrVG § 99; BRRG § 123a

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 01.11.2007; Aktenzeichen 38 BV 3141/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 23.06.2009; Aktenzeichen 1 ABR 30/08)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.11.2007 – 38 BV 3141/07 – wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten im Kern über die Frage, ob die Weiterbeschäftigung von Beamten eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG darstellt.

Die Beteiligte zu 2) ist als Arbeitgeberin eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes Berlin. Sie betreibt insofern neun Krankenhäuser und beschäftigt ca. 10.000 Arbeitnehmer. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der bei ihr bestehende Betriebsrat.

Bei diesen neun Krankenhäusern handelt es sich um die ehemaligen Städtischen Krankenhäuser im Land Berlin. Diese wurden zum 1. Januar 2001 auf die Arbeitgeberin auf der Grundlage des Krankenhausunternehmens-Gesetzes vom 30. November 2000 übertragen. In § 2 des Krankenhausunternehmens-Gesetzes ist auszugsweise folgendes geregelt:

(1) Die Gesellschaft wird nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages geführt und übernimmt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Maßgabe eines Personalüberleitungsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag soll nach folgenden Grundsätzen gestaltet werden:

Der Personalüberleitungsvertrag soll nach folgenden Grundsätzen gestaltet werden:

11. Zur Absicherung der Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie im Hinblick auf die betroffenen Beamtinnen und Beamten wird zwischen dem Land Berlin und der Gesellschaft ein Personalüberleitungsvertrag geschlossen, …

Den betroffenen Beamtinnen und Beamten wird nach Maßgabe der geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit in der Gesellschaft ermöglicht.

Am 17.11.2007 wurde zwischen dem Land Berlin und der seinerzeit noch als N.-G. Kliniken für Berlin GmbH firmierenden Beteiligten zu 2) ein Personalüberleitungsvertrag abgeschlossen, in dem in § 4 auszugsweise folgendes geregelt ist:

(1) Beamtinnen und Beamte, die eine Tätigkeit in der Gesellschaft aufnehmen, können für die Dauer dieser Tätigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung aus ihrem weiterhin zum Land Berlin fortbestehenden Beamtenverhältnis beurlaubt werden.

(6) Im übrigen besteht die Möglichkeit der Zuweisung nach Maßgabe der Regelung des § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes. Gemäß Absatz 2 der genannten Vorschrift kann der Beamtin oder dem Beamten einer Dienststelle, die ganz oder teilweise in eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand umgebildet wird, auch ohne ihre/seine Zustimmung eine ihrem/seinem Amt entsprechende Tätigkeit bei dieser Einrichtung zugewiesen werden, wenn dringende dienstliche Interessen dies erfordern. …

Die Beamten, um deren Eingliederung hier gestritten wird, waren schon vor der Privatisierung in dem jeweiligen Krankenhaus tätig. Mit der Privatisierung wurden sie gem. § 123 a Abs. 2 BRRG unbefristet der Arbeitgeberin zugewiesen. Gleichzeitig wurden sie befristet zum Land Berlin beurlaubt. Die Arbeitgeberin hat mit diesen Beamten befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Der damals zuständige Betriebsrat hat gem. § 99 BetrVG zugestimmt.

Vor Ablauf der befristeten Arbeitsverträge im Sommer 2006 hat die Arbeitgeberin schriftlich beim Land Berlin beantragt, die Zuweisung der Beamten aufzuheben. Das Land Berlin lehnte dies ab. Die Beamten wurden alle auf ihren bisherigen Arbeitsplätzen von der Arbeitgeberin weiter eingesetzt. Hierüber informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat einige Monate später, ohne ein Verfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, er sei bei der Eingliederung persönlich abhängiger und weisungsgebundener Beschäftigter in den Betrieb zu beteiligen. Der Arbeitgeberin stehe auch ein Entscheidungsspielraum bei der personellen Maßnahme zu, weil sie mindestens festle...

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