Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 15.05.2008 (Bundesanzeiger Nr. 104 vom 15.07.2008) und vom 25.06.2010 (Bundesanzeiger Nr. 97 vom 02.07.2010) der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind wirksam.

2) Entscheidend für die im Rahmen des Verfahrens nach §§ 4 ff. DVO-TVG mittelbaren Zahlen für das 50 % - Quorum des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TVG .a.F. sind die zutreffend vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zugrunde gelegten Zahlen der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes bzw. der von den Tarifparteien auf Arbeitgeberseite abgefragten Zahlen der Mitgliedsunternehmen.

3) Für die Allgemeinverbindlicherklärungen bestand auch ein öffentliches Interesse i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG a.F.

 

Normenkette

TVG a.F. § 5; DVO-TVG; ArbGG § 98; TVG § 11

 

Tenor

I. Unter Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1) bis 3) und 9) bis 24) wird festgestellt, dass die vom Beteiligten zu 4) bekannt gemachten Allgemeinverbindlicherklärungen vom 15.05.2008 (Bundesanzeiger Nr. 104 vom 15.07.2008) und 25.06.2010 (Bundesanzeiger Nr. 97 vom 02.07.2010) der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren vom 20.12.1999 in den Fassungen vom 20.08.2007 und 05.12.2007 einerseits und vom 18.12.2009 andererseits wirksam sind.

II. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1) bis 3) und 9) bis 24) zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG a.F. Konkret werden von mehreren beteiligten Antragstellern die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 15.05.2008 (Bundesanzeiger Nr. 104 vom 15.07.2008) und vom 25.06.2010 (Bundesanzeiger Nr. 97 vom 02.07.2010) der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20.12.1999 in den Fassungen vom 20.08.2007 und 05.12.2007 einerseits und vom 18.12.2009 andererseits in einem Verfahren nach § 98 ArbGG n.F. als unwirksam angesehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG a.F. konnte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) keinen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklären, wenn "1. die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 v. H. der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und 2. die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint."

Gemäß § 11 TVG a.F. und n.F. konnte und kann das BMAS unter Mitwirkung der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Verordnungen erlassen, insbesondere über "...2. das Verfahren bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen und der Aufhebung von Tarifordnungen und Anordnungen, die öffentlichen Bekanntmachungen bei der Antragstellung, der Erklärung und Beendigung der Allgemeinverbindlichkeit und der Aufhebung von Tarifordnungen und Anordnungen sowie die hierdurch entstehenden Kosten; 3. den in § 5 genannten Ausschuss."

Nach der Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes (DVO-TVG) wird ein Tarifausschuss gemäß §§ 1 - 3 DVO-TVG errichtet, gemäß §§ 4 ff DVO-TVG wird das Verfahren über die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlicherklärung geregelt.

Auf Antrag der Industriegewerkschaft Bauen - Agrar-Umwelt (IG BAU) als einer Tarifvertragspartei des Baugewerbes zugleich im Namen und in Vollmacht der beiden anderen Tarifvertragsparteien, des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e.V. und des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes e.V., vom 11.12.2007 (Akte des Bundesarbeitsministeriums zum Az. III a 3 - 31241-U-14b/62, im Folgenden: 14b/62) und auf Antrag der IG BAU zugleich auch im Namen und in Vollmacht der beiden anderen o. g. Tarifvertragsparteien vom 18.12.2009 (Az. III a 3 - 31241-U-14b/64, im Folgenden: 14b/64) führte das BMAS unter Festsetzung und Verhandlung der Termine der öffentlichen Ausschusssitzung die Verfahren nach der DVO-TVG für beide Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung unter anderem der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV-Bau) durch und kam nach dem Vermerk vom 29.02.2008 (Bl. 115 ff. d. A. 14b/62) zur Auffassung, dass sowohl nach den Zahlen des statistischen Bundesamtes, Fachserie 4, Reihe 5.1 "Beschäftigte und Umsatz der Betriebe im Baugewerbe" 2007 als auch nach den Zahlen aufgrund der Angaben der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) selbst bei "ungünstigsten Annahmen" die "50 %-Relation" des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TVG a.F. erfüllt sei. Auf Bl. 116 heißt es: "Die Anzahl der von der ZVK gemeldeten Betriebe liegt über dem Wert der Statistik. Der Unterschied folgt daraus, dass die ZVK die Betriebe streng auf der Grundlage des Geltungsbereichs der Bau-Tarifverträge erfasst. Die ZVK-Z...

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