Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts bei internationaler Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit gegenüber allen Beklagten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO ist auch dann möglich, wenn die Bestimmung des Gerichtsstands nicht einfach und zuverlässig festgestellt werden kann (im Anschluss an BGH 17.09.2013 - X ARZ 423/13).

2. Im Rahmen des Verfahrens nach § 36 ZPO ist für die internationale Zuständigkeit zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts auf den schlüssigen Vortrag des Klägers abzustellen.

 

Normenkette

ZPO § 36; EuGVVO Art. 8 Nr. 1; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.04.2018; Aktenzeichen 42 Ca 2919/18)

 

Tenor

Das Arbeitsgericht Berlin wird als zuständiges Gericht bestimmt.

 

Gründe

1. Die Parteien streiten u.a. über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagten zu 2 - 7 übergegangen ist.

Die Klägerin, deren Wohnsitz in Dresden liegt, war seit dem 17.03.2003 bei der Schuldnerin, einer Fluggesellschaft mit Sitz in Berlin, als Flugbegleiterin tätig. Sie befindet sich seit dem 20.12.2017 in Elternzeit, die voraussichtlich bis zum 20.12.2019 währt.

Nachdem über das Vermögen der Schuldnerin mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01.11.2017 das Insolvenzverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 17.01.2018 der Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden war, kündigte dieser das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 27.01.2018, der Klägerin zugegangen am 29.01.2018, zum 30.04.2018.

Gegen diese Kündigung richtet sich die beim Arbeitsgericht Berlin am 19.02.2018 eingegangene Klage gegen den Beklagten zu 1. Zugleich nimmt die Klägerin die Beklagten zu 2 - 7 auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses in Anspruch; dies mit der Begründung, ihr Arbeitsverhältnis sei auf diese übergegangen, weil diese den Betrieb der Schuldnerin erworben hätten, indem sie Start- und Landerechte sowie Flugzeuge der Schuldnerin übernommen hätten. Bei den Beklagten zu 2 - 7 handelt es sich um unterschiedliche Fluggesellschaften mit Sitzen in Wien, Düsseldorf, Köln, London und Genf.

Die Klägerin hält die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin für gegeben, weil ihr gewöhnlicher Arbeitsort in Berlin liege. Dies sei auch der zuletzt vereinbarte Stationierungsort gewesen. Hilfsweise hat sie - nachdem das Arbeitsgericht auf Bedenken hinsichtlich eines gemeinsamen Gerichtsstands hingewiesen hat - die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts durch das Landesarbeitsgericht beantragt. Die Beklagten zu 5,6 und 7 haben die internationale und örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin gerügt.

Mit Beschluss vom 11. April 2018 hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit zur Bestimmung des Gerichtsstands dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

2. Das Arbeitsgericht Berlin wird gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

2.1 Die für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei Auslandsbezug erforderliche internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegenüber sämtlichen Beklagten (BGH 11. Juli 1990 - XII ARZ 28/90 - FamRZ 1990, 1224/1225¸ vom 17.09.1980 - IV b ARZ 557/80 - NJW 1980, 2646; Zöller/Vollkommer Rn. 15) war im Rahmen des Bestimmungsverfahrens zu bejahen.

2.1.1 Die internationale Zuständigkeit ist eine von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Eine Verweisung kommt nicht in Betracht. Bei dieser Bestimmungsentscheidung entscheidet das bestimmende Gericht allerdings nicht über die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage (Zöller/Vollkommer, ZPO 32. Aufl. § 36 Rz. 18). Die Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO betrifft nicht die prozessuale Zulässigkeit der Hauptsache selbst, sondern nur die (örtliche) Zuständigkeit und hat daher für die Hauptsache nur vorbereitenden Charakter (BGH, Beschluss vom 07. Januar 2014 - X ARZ 578/13 -, juris.). Von daher ist es gerechtfertigt, dass das bestimmende Gericht nur prüft, ob - ausgehend von den Behauptungen des Antragstellers - die internationale Zuständigkeit schlüssig vorgetragen ist (BayObLG - Beschluss vom 20. Februar 2003 - 1Z AR 160/02 -, RIW 2003 387; Zöller/Vollkommer, ZPO 32. Aufl. § 36 Rz. 18). Die Entscheidung darüber, ob die internationale Zuständigkeit tatsächlich gegeben ist, muss im Ergebnis dem so dann bestimmten Gericht der Hauptsache vorbehalten bleiben; sie wird durch die Entscheidung über die Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht präjudiziert (BayObLG - Beschluss vom 20. Februar 2003 - 1Z AR 160/02 -, RIW 2003 387). Dem entspricht es, dass die Bestimmung nach § 36 ZPO durch den/die Vorsitzende erfolgt, die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klage im arbeitsgerichtlichen Verfahren aber der Kammer vorbehalten ist.

2.1.2 Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes ist die ...

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