Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung von Entgeltlisten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Einblicksrecht des Betriebsrates nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG stellt eine speziellere Regelung dar, die den Anspruch des Halbsatzes 1 auf Zurverfügungstellung von Unterlagen für den Bereich der Löhne und Gehälter verdrängt.

2. Soweit nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz bestimmt, der Betriebsausschuss habe die Listen über Bruttolöhne und -gehälter "einzusehen und auszuwerten", ergibt sich auch daraus kein Anspruch auf Aushändigung der Entgeltlisten in irgendeiner Form.

3. Auch Unionsrecht zwingt nicht dazu, § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG, 13 Abs. 2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz im Sinne eines Anspruchs auf Aushändigung auszulegen. Unionsrecht wird aber bei der Auslegung des Umfanges des Aufbereitungsanspruches des Betriebsausschusses nach § 13 Abs. 3 Satz 3 EntgTranspG zu berücksichtigen sein.

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 2 S. 2 Hs. 2; EntgTranspG § 13 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 13.12.2018; Aktenzeichen 7 BV 15191/18)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 29.09.2020; Aktenzeichen 1 ABR 32/19)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.12.2018 - 7 BV 15191/18 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Überlassung von Entgeltlisten.

Die Beteiligte zu 2) betreibt ein Gesundheitsunternehmen mit Produkten und Dienstleistungen für die medizinische Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort Berlin gebildete Betriebsrat mit 23 Mitgliedern. An diesem Standort sind 3.137 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Der Beteiligte zu 1) hat einen Betriebsausschuss gebildet.

Der Beteiligte zu 1) beschloss am 05.06.2018, die Beteiligte zu 2) aufzufordern, ihm die Entgeltlisten in elektronischer Form - hilfsweise in Papierform - quartalsweise aktualisiert und unaufgefordert zu überlassen. Dies machte der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 07.06.2018 und 31.10.2018 (Bl. 18 f d. A.) geltend, die Beteiligte zu 2) lehnte es mit Schreiben vom 09.11.2018 (Bl. 20 d. A.) ab.

Mit am 21.11.2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 20.11.2018 hat der Beteiligte zu 1) die Verpflichtung der Beteiligten zur 2) zur dauerhaften Überlassung der Entgeltlisten für die Monate Juni 2018 bis November 2018 in elektronischer Form, hilfsweise dauerhaft in Papierform, höchsthilfsweise für die Dauer der Anfertigung von Kopien bzw. Abschriften geltend gemacht. Er hat vorgetragen, alle mit den Anträgen geltend gemachten Ansprüche folgten aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, dessen 2. Halbsatz stelle eine Konkretisierung des mit dem ersten Halbsatz geregelten Überlassungsanspruches dar. Dies gelte erst Recht aufgrund der mit Inkrafttreten des EntgTranspG entstandenen neuen Rechtslage. Um die in § 13 Abs. 1 EntgTranspG geregelten Pflichten des Betriebsausschusses zu erfüllen und die in § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG vorgesehene Auswertung der Entgeltlisten vornehmen zu können, müssten die Listen dem Betriebsausschuss zur Verfügung stehen. Aus § 7 Abs. 4 Informationsfreiheitsgesetz folge der gleiche Rechtsgedanke. Schließlich könne nur die Zurverfügungstellung der Listen Art. 27 der Europäischen Grundrechtecharta und Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2002/14/EG genügen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1) die Listen über die Bruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in Bezug auf alle im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter - mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG - dauerhaft in elektronischer Form zu überlassen und die Listen insbesondere wie folgt aufzuschlüsseln: Zugehörigkeit zum Geschlecht, Tarifgrundentgelt, Zuschläge jeder Art, Zulagen und Sondervergütungen jeder Art (auch individuell ausgehandelte), Prämien und Gratifikationen;

Hilfsweise hat der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1) die Listen über die Bruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in Bezug auf alle im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter - mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG - dauerhaft in Papierform zu überlassen und die Listen insbesondere wie folgt aufzuschlüsseln: Zugehörigkeit zum Geschlecht, Tarifgrundentgelt, Zuschläge jeder Art, Zulagen und Sondervergütungen jeder Art (auch individuell ausgehandelte), Prämien und Gratifikationen;

und hilfsweise hierzu,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1) die Listen über die Bruttoentgelte für den Zeitraum vom Juni 2018 bis zum November 2018 in Bezug auf alle im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter - mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG - zum Zwecke der Anfertigung von Kopien bzw. Anfert...

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