Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 20.09.1990; Aktenzeichen 12 BV 1/90, 12 BV 1/90)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 20. September 1990 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin – 12 BV 1/90 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin bei der Zuweisung einer Tätigkeit auf dem Gewässerräumschiff „W.” an den bis dahin als Polier auf einer Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer A. P. das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt hat.
  2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Zuweisung der Tätigkeit auf dem Gewässerräumschiff „W.” an den Arbeitnehmer P. aufzuheben.
 

Gründe

Die Antragsgegnerin betreibt ein Bauunternehmen, das sich mit dem Tief- und Wasserbau befaßt. Der Antragsteller ist der in diesem Betrieb gewählte Betriebsrat.

Der Arbeitnehmer A. P. ist bei der Antragsgegnerin seit 1984 als Polier und Schachtmeister tätig. In dem schriftlich niedergelegten Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 37–38 d. A.) war die Geltung des Rahmentarifvertrages für die Polierer und Schachtmeister des Berliner Baugewerbes vereinbart.

Der Arbeitnehmer P. war zuletzt auf der Baustelle Bernstorffstraße in Berlin 26 tätig, wo er für die Durchführung von Tiefbauarbeiten verantwortlich war.

Mit Schreiben vom 04.07.1990 (Kopie Bl. 32 d. A.) teilte die Antragsgegnerin ihm mit, daß er von der Tätigkeit auf der Baustelle B. straße wegen aufgetretener Terminsverzögerungen und des Absagens von Überstunden entbunden werde. In einem Gespräch am 11. Juli 1990, das nach Beendigung eines Kurzurlaubs des Arbeitnehmers P. stattfand, wurde ihm mitgeteilt, daß er künftig auf dem Räumschiff „W.” eingesetzt werde.

Hierbei handelt es sich um ein von der Antragsgegnerin erbautes und betriebenes Räumschiff, das die außer- u. innerstädtischen Gewässer abfährt und mittels einer Schleppkette und Peilstangen den Grund des jeweiligen Gewässers abtastet und von Hindernissen räumt. Die Besatzung des Schiffes besteht aus einem Schiffsführer mit Patent, drei Tauchern und einem weiteren Betriebsangehörigen.

Es hat seinen Liegeplatz in S..

Der Arbeitnehmer P. hat die Übernahme der Tätigkeit auf diesem Räumschiff, über deren Inhalt die Beteiligten unterschiedliche Angaben machen, abgelehnt. Nach einigen Tagen von der Antragsgegnerin bewilligten Urlaubs ist er erkrankt und hat bisher die Arbeitsfähigkeit nicht wieder erlangt.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin habe sein Mitbestimmungsrecht als Betriebsrat verletzt, als sie den Arbeitnehmer P. von der Baustelle B. straße abberief und ihm als neuen Arbeitsplatz das Räumschiff „W.” zuwies. Es handele sich hierbei um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG. Es sei von Anfang an erkennbar gewesen, daß die Zuweisung länger als einen Monat dauern würde. Auch auf § 6 Nr. 1.3 des einschlägigen Rahmentarifvertrages könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen.

Der Antragsteller hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Antragsgegnerin bei der Versetzung des Arbeitnehmers A. P. das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus §§ 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG verletzt hat,
  2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Versetzung des Arbeitnehmers A. P. auf zuheben und diesen wieder zu unveränderten Arbeitsbedingungen auf der Baustelle B. straße in Berlin 26 zu beschäftigen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, der Arbeitnehmer habe nur vorübergehend auf dem Raumschiff tätig werden sollen.

Sie hat die Ansicht vertreten, es handele sich um keine mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne der angegebenen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und auf den Rahmentarifvertrag hingewiesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die von ihnen in erster Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Durch am 20.09.1990 verkündeten Beschluß hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen. Es hat in der umstrittenen Maßnahme keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gesehen, da Arbeitnehmer des Baugewerbes nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt werden soweit dieser am Einstellungsort liege. Darüber hinaus folge aus weiteren Bestimmungen des Rahmentarifvertrages, daß keine mitbestimmungspflichtige Versetzung vorliege, da nach diesem der Polier auf allen Bau- oder sonstigen Arbeitsstellen des Betriebes eingesetzt werden könne und in Fällen, in denen ihm keine oder keine ausreichende Arbeit als Polier zugewiesen werden könne, auch eine Übertragung anderer Arbeiten unter Fortzahlung des Gehaltes zulässig sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Dieser ist dem Betriebsrat am 09.10.1990 zugestellt worden. Seine Beschwerde ist am 07.11.1990, die Beschwerdebegründung am 05.12.1990 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Er bleibt bei der Ansicht, es handele sich um ei...

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