Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 19.02.2001; Aktenzeichen 6 Ca 568/99)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom19.02.2001 – 6 Ca 568/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht für die Zeit nach dem Ablauf der Bezugsdauer für Krankenbezüge nach § 34 BMT-G II die Zahlung eines Aufstockungsbetrags nach § 5 Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ).

Der Kläger ist seit 1972 bei der beklagten Stadt als Arbeiter beschäftigt. Die Geltung des BMT-G II ist einzelvertraglich vereinbart. Die Parteien haben mit Wirkung zum 01.02.1999 einen Altersteilzeitvertrag (sogenanntes Blockmodell) geschlossen, der die Arbeitsphase vom 01.02.1999 bis 31.10.2000 festlegt (vgl. im Einzelnen VABl. 9/10).

Am 24.02.1999 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, zufolge dessen er auch im klagegegenständlichen Zeitraum krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Die Beklagte gewährte ihm für die Dauer von 26 Wochen Krankenbezüge nach § 34 BMT-G II sowie die Aufstockungsleistung nach dem TV ATZ.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe nach Ablauf dieses Zeitraums weiterhin Anspruch auf den Aufstockungsbetrag, den er vorliegend für die Zeit vom 25.08.1999 bis 21.08.2000 beansprucht.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 25.08.1999 bis 21.08.2000 je einschließlich kalendertäglich DM 25,79 brutto Aufstockungszulage zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

denn für den erhobenen Anspruch fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Er rügt unrichtige Tarifauslegung.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 19.02.2001 – Az. 6 Ca 568/99 – wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 25.08.1999 bis 21.08.2000 je einschließlich kalendertäglich 25,79 DM brutto Aufstockungszulage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Unterlagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger erhobene Anspruch besteht nicht.

Die Klage, die dahin ausgelegt wird, die Beklagte solle zur Zahlung von 9.335,98 DM brutto verurteilt werden, ist hiernach zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Als Anspruchsgrundlage kommt allein in Betracht § 611 BGB in Verbindung mit dem Vertrag über die Altersteilzeit in Verbindung mit dem TV ATZ in Verbindung mit dem BMT-G II.

Nach § 5 TV ATZ werden die dem Kläger nach § 4 zustehenden Bezüge um einen in dieser Vorschrift im Einzelnen geregelten Betrag aufgestockt („Aufstockungsbetrag”). Wie das zu verstehen ist, ist eine Frage der Auslegung des Tarifvertrags. Für – hier von Interesse – sogenannte Inhaltsnormen hat das nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zu geschehen, wobei jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien, soweit er einen hinreichenden Ausdruck in der Norm gefunden hat, zu berücksichtigen ist (BAG, ständige Rechtsprechung; siehe im Übrigen etwa Wank, RdA 98 S. 71 ff.).

Aus dem Begriff „Aufstockungsbetrag” folgt ein Akzessorietätsverhältnis, nämlich die Abhängigkeit von etwas, das aufgestockt werden soll. Darin zeigt sich zugleich die materielle Funktion dieser Leistung, auf die mithin nur ein Anspruch besteht, wenn und solange dem Kläger Bezüge, d.i. ein Lohn- oder ein Lohnersatzanspruch, zustehen. Das wiederum bestimmt sich bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach § 34 „Krankenbezüge” des BMT-G II. Dort wird (vgl. auch § 37 BAT in der Fassung des 69. Änderungstarifvertrags vom 25.04.1994) unterschieden zwischen Krankenbezügen im engeren Sinn. Das ist – vereinfacht dargestellt – die sogenannte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Wochen. Nach Ablauf dieses (Höchst-)Zeitraums hat der Kläger unter den Voraussetzungen von § 34 Abs. 3 BMT-G II Anspruch auf einen Krankengeldzuschuss (Krankenbezüge im weiteren Sinn) höchstens für die Dauer von 26 Wochen. Beide Zeiträume sind mit Ende des 25.08.1999 abgelaufen. Deshalb hat der weiterhin krankheitsbedingt arbeitsunfähige Kläger keinen Anspruch auf „Bezüge”. Mithin kann er auch deren Aufstockung nicht beanspruchen.

Der Kläger missversteht die Vorschrift des § 8 TV ATZ.

Diese Bestimmung hatte ursprünglich folgende Fassung:

㤠8

Nichtbestehen bzw. Ruhen der Aufstockungsleistungen

Der Anspruch auf die Aufstockungsleistungen (§ 5) besteht nicht, solange die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 des Altersteilzeitgesetzes vorliegen. Er ruht während der Zeit, in der Arbeitnehmer eine unzulässige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 6 ausübt oder über die Altersteil...

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