Entscheidungsstichwort (Thema)

Wichtiger Grund, Vertraulichkeit eines Gesprächs mit Mitarbeitern

 

Leitsatz (amtlich)

Macht ein Arbeitnehmer gegenüber einem Mitarbeiter hinsichtlich des Inhabers des Arbeitgebers (Werbeagentur) beleidigende Äußerungen und kündigt er an, er werde dafür sorgen, daß sein Arbeitgeber kaputtgehe, so kann dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sein, wenn der Arbeitnehmer nicht von der Vertraulichkeit des Gesprächs ausgehen konnte. Dies wird man dann annehmen können, wenn der Arbeitnehmer wußte, daß der Gesprächspartner ein Duzfreund des Geschäftsinhabers ist und der Mitarbeiter den Arbeitnehmer während des Gesprächs auffordert, zu schweigen. Bei dieser Fallgestaltung ist jedenfalls dann ein wichtiger Grund anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer selbst eine hochdotierte Stellung einnimmt (7.500,– DM brutto monatlich), direkt mit dem Firmeninhaber zusammenarbeiten muß und im Außendienst ständig Kontakt mit Kunden hatte. Im zu entscheidenden Fall war bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer noch keine vier Monate bei dem Arbeitgeber beschäftigt war.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 12.08.1987; Aktenzeichen 4 Ca 59/87)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 12.08.1987 – 4 Ca 59/87 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 1987 und vom 05. Februar 1987 ausgesprochenen fristlosen Kündigungen, wobei die Kündigung von 05. Februar 1987 vorsorglich zum 31. März 1987 ausgesprochen wurde.

Nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt, wird von der Darstellung des Sachverhalts im einzelnen abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG). Insoweit wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (ABl. 47–50) verwiesen.

Mit Urteil von 12. August 1987, das der Beklagten am 22.12.1987 zugestellt wurde, hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung von 30.01.1987 noch durch die fristlose Kündigung vom 05.02.1987 aufgelöst wurde, vielmehr bis zum 31.03.1987 fortbestand. Hiergegen richtet sich die am 14. Januar 1988 eingelegte und an 03. Februar 1988 begründete Berufung der Beklagten. Wegen des Vorbringens der Beklagten in Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 01. Februar 1989 (ABl. 66–70) und auf den Schriftsatz vom 24.03.1988 (Abl. 98/99) Bezug genommen.

Die Berufungsklägerin/Beklagte beantragt:

Auf die Berufung der Beklagten wird des Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 12.08.1987 – 4 Ca 59/87 – abgeändert und die Klagen abgewiesen.

Der Berufungsbeklagte/Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin kostenpflichtig zurück zuweisen.

Sein Vortrag in der Berufungsinstanz ergibt sich aus der Berufungserwiderung vom 04.03.1988 (ABl. 87–89) und aus dem Schriftsatz vom 11.03.1988 (ABl. 93/94), auf die ebenfalls Bezug genommen wird.

Das Landesarbeitsgericht hat – wie bereits das Arbeitsgericht – Herrn Heinemann als Zeugen vernommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 09.03.1988 und vom 20.04.1988 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage war abzuweisen, da das Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben vom 30.01.1987 ausgesprochene Kündigung am gleichen Tage beendet wurde. Der Beklagten war es nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 28. Februar 1987 fortzusetzen.

1. Das Arbeitsgericht hat es dahingestellt sein lassen ob der Kläger am 29. Januar 1987 gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn H. die in dessen Aktennotiz enthaltenen Äußerungen getan hat: Herr S. spiele ein falsches Spiel, die Kunden auf der Liste des Klägers seien seine Kunden und seien für die Beklagte verloren; er werde Herrn S. kaputtmachen; er werde dafür sorgen, daß der Inhaber der Beklagten Herr S. zwischen Frankfurt und Freiburg kein Bein mehr auf die Erde bekomme; der miese Ruf des Herrn S. sei stadtbekannt; wer ein Feind des Klägers sei, sei verloren. Herr S. solle ihn – den Kläger – doch rausschmeißen. In diesen Äußerungen hat das Arbeitsgericht – ihre Richtigkeit unterstellt – einen wichtigen Grund an sich in Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gesehen. Es ging allerdings davon aus, daß der Zeuge H. die Vertraulichkeit des Gesprächs wahren werde. Die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hat das Arbeitsgericht allerdings deshalb bejaht, weil der Kläger vor Ausspruch der fristlosen Kündigung von der Beklagten nicht gehört worden sei. Nach Meinung des Arbeitsgerichts sei dies deshalb erforderlich gewesen, weil es sich um eine Verdachtskündigung gehandelt habe.

In der Berufungsbegründung hat die Beklagte diese Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts angegriffen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei dem Gespräch zw...

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