Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelungsgehalt des § 17 Abs. 4 S. 2 TVöD. Wechsel der Entgeltgruppe als Anknüpfungskriterium. Beginn der Stufenlaufzeit bei korrigierenden Höhergruppierung in § 17 Abs. 4 S. 2 TVöD

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung in § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD, nach der im Falle einer Höhergruppierung die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung beginnt, knüpft allein an den Wechsel der Entgeltgruppe an. Es kommt nicht darauf an, wann die zu Grunde liegende Aufgabe übertragen wurde.

2. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD gilt auch für korrigierende Höhergruppierungen: Die Stufenlaufzeit beginnt in jedem Fall ab dem Tag des Wechsels in die höhere Entgeltgruppe, unabhängig davon, seit wann die Beschäftigte die zu Grunde liegende Aufgabe wahrnimmt, und unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Korrektur einseitig vornimmt, sie vereinbart wird oder ob sie auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

 

Normenkette

TVöD § 17 Abs. 4, § 16 Abs. 3; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 06.10.2020; Aktenzeichen 7 Ca 181/20)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.12.2022; Aktenzeichen 6 AZR 460/21)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 06. Oktober 2020 (7 Ca 181/20) abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien, deren Arbeitsvertrag sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung richtet, streiten darüber, ob die Klägerin, die in der Entgeltgruppe (EG) 9a, Stufe 3 eingruppiert ist, ab dem 01. Januar 2020 oder ab dem 01. Juni 2021 in die Stufe 4 höherzustufen ist.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht seit dem 01. Oktober 2011. Seitdem nimmt die Klägerin im Wesentlichen unverändert Aufgaben des Gemeindevollzugsdienstes wahr. Die Parteien sind tarifgebunden. Neben dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst kommen die diesen ergänzenden Tarifverträge, die von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) abgeschlossen werden, einschließlich des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) zur Anwendung.

Anlässlich der Überleitung der Beschäftigten in die neue Entgeltordnung (Anlage 1 zum TVöD-Allgemeiner Teil - Stichtag 01. Januar 2017) stellte die Klägerin einen Antrag gemäß § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA, sie höherzugruppieren. Die Beklagte gruppierte sie rückwirkend ab 01. Januar 2017 in die Entgeltgruppe 7, Stufe 3 um. Die Klägerin strebte eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9a an. Das lehnte die Beklagte ab.

Die Klägerin erhob Klage. Das Arbeitsgericht Karlsruhe stellte mit Urteil vom 07. Mai 2019 fest, dass die Klägerin rückwirkend ab dem 01. September 2017 nach der Entgeltgruppe 9a, Stufe 3 zu vergüten sei (7 Ca 127/18). Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein. Das Landesarbeitsgericht stellte mit Beschluss vom 06. März 2020 fest, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zu Stande gekommen sei (14 Sa 32/19):

"1. Die beklagte Stadt ... zahlt an die Klägerin ab dem 01.06.2018 die Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 Teil A I, 3 der Entgeltordnung zum TVöD VKA.

2. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben."

Eine Berufungsverhandlung hatte am 12. Dezember 2019 stattgefunden. Sie war vertagt worden. Mit Schreiben vom 16. Januar 2020 hatte die Beklagte der Klägerin erklärt, wie vorbesprochen werde sie die Klägerin mit Wirkung ab dem 01. September 2017 in die Entgeltgruppe 8 umgruppieren. Daran hatten sich die Vergleichsverhandlungen der Parteien angeschlossen:

- 03.02. Angebot der Beklagten: ab 01. Januar 2019 EG 9a, Stufe 3

- 04.02. Angebot der Klägerin: ab 01.Juni 2018 EG 9a, Stufe 3, ab 01. Januar 2019 EG 9a, Stufe 4

- 10.02. Angebot der Beklagten: ab 01. September 2018 EG 9a, Stufe 3

- 11.02. Die Klägerin wiederholte ihr Angebot vom 04. Februar.

- Die Parteivertreter führten telefonische Vergleichsgespräche.

- 18.02. Die Klägerin teilte dem Landesarbeitsgericht den späteren Vergleichstext mit.

- 20.02. Vergleichsvorschlag des Landesarbeitsgerichts

- 27.02. Annahme des vorgeschlagenen Vergleichs durch die Beklagte

- 03.03. E-Mail Klägervertreterin an Beklagtenvertreter:

Die Klägerin möchte den Beginn der Stufe 4 auf den 01. September 2020 festlegen. Soweit dazu auf Seiten der Beklagten keine Bereitschaft bestehe, solle die Entgeltstufe offenbleiben (Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02. September 2020, Prozessakte des Arbeitsgerichts, Bl. 66).

- 03.03. Annahme des vorgeschlagenen Vergleichs durch die Klägerin. Die Beklagte habe zugestimmt, über den Beginn der Stufenregelung eine separate Einigung herbeizuführen.

Im Januar 2020 hatte die Beklagte der Klägerin ein Entgelt der EG 8, Stufe 4 gezahlt, dies aber im Februar wieder auf EG 8, Stufe 3 korrigiert. Nach Abschluss des Prozessvergleichs korrespond...

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