Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme des Betriebsveräußerers in Bezug auf eine betriebliche Versorgungszusage. Rentenanspassung bei Insolvenz des Betriebserwerbers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnete Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber führt hinsichtlich bestehender Versorgungsanwartschaften der aktiven Arbeitnehmer zum Wechsel des Schuldners der Anwartschaften (im Anschluss an BAG, Urteil vom 14.07.1981 – 3 AZR 517/80).

2. Die Anpassung gemäß § 16 BetrAVG richtet sich mangels anderer Regelungen auch nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebserwerbers.

 

Normenkette

BetrAVG § 16; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 07.04.2005; Aktenzeichen 30 Ca 12855/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom07.04.2005 – Aktenzeichen 30 Ca 12855/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte – neben der in der Insolvenz befindlichen ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers oder dem P.-Verein – zur Zahlung der Betriebsrente des Klägers verpflichtet ist und ob darüber hinaus die bisher gezahlte Betriebsrente rückwirkend zum 01.07.2002 entsprechend den Betriebsrenten der Rentner und Rentnerinnen der Beklagten anzupassen ist.

Der am 08.11.1955 geborene Kläger war bei der damaligen Firma I. GmbH (nicht identisch mit der jetzigen Beklagten) seit 1977 beschäftigt. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses erwarb der Kläger eine Anwartschaft auf den Bezug von Leistungen der betrieblichen Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nach dem bei der damaligen Firma I. GmbH bestehenden betrieblichen Versorgungswerk (Versorgungswerk der I. GmbH vom 16.12.1992 in der Fassung vom 15.12.1994).

In der Folge einer Umstrukturierung der damaligen Firma I. GmbH ging das Arbeitsverhältnis des Klägers zunächst auf die Firma I. Produktion GmbH und danach auf deren Tochtergesellschaft, die Firma I. Leiterplatten GmbH, über, welche später in Firma S. Technologieprodukte GmbH Elektronische Systeme (i.F.: STP alt) umfirmierte. Aufgrund entsprechender Betriebsvereinbarungen wurde das betriebliche Versorgungswerk der damaligen I. GmbH jeweils fortgeführt.

Mit Scheiben vom 09. November 1995 (ArbG Akte Bl. 6 -8) teilte die STP alt dem Kläger sowohl vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten als auch einem im Raum stehenden Verkauf des Unternehmens folgendes mit:

„… wir haben in der Betriebsversammlung am 6. Juli 1995 darüber informiert, dass die STP GmbH bei ihrer gegenwärtigen Kostenstruktur nicht wettbewerbsfähig ist. Veränderungen auf der Personalkostenseite wie beim Pensionsplan, bei bestimmten Gehaltsbestandteilen … sind geeignet, einen erheblichen Kostensenkungsbeitrag zu erreichen. …. Darüber hinaus haben wir Sie in der Belegschaftsversammlung vom 20.09.1995 informiert, dass der neue Eigentümer nicht bereit ist, das bisherige Versorgungswerk … fortzuführen.

Nachfolgend machen wir ihnen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des STP-Betriebsrats ein Angebot, um ihnen die entstehenden Nachteile beim Pensionsplan und gegebenenfalls bei den Jubiläumsleistungen zu entschädigen:

1. Zum Versorgungswerk

1.1. Unverfallbarer Anspruch

1.1.1. Der nach Art 1 § 13 Betriebsvereinbarung über das Versorgungswerk vom 16.12.92 bis zum 30.11.1995 von Ihnen erworbene unverfallbare Versorgungsanspruch bleibt erhalten. Er beträgt zu diesem Zeitpunkt ….

1.1.2. Im Falle eines Betriebsübergangs der STP auf ein nicht dem Konzernverbund der I. angehörendes Unternehmen wird die I. gegenüber diesem Unternehmen, auf das die Rentenzahlungsverpflichtung übergeht, die Verpflichtung eingehen, die Rentenzahlungen für diesen unverfallbaren Versorgungsanspruch ab dem Eintritt des Versorgungsfalls ihnen gegenüber durchzuführen.

1.1.3. Um diese Zahlungen an Sie bzw. Ihre Hinterbliebenen durchführen zu können, benötigt die I. im Falle der vorstehenden Ziffer 1.1.2 einen kontinuierlichen Abgleich Ihrer personenbezogenen Daten. Sie erklären hiermit Ihr Einverständnis damit, dass ein Betriebserwerber nach vorstehender Ziffer 1.1.2 ihre personenbezogenen Daten an die I. zu diesem Zwecke übermittelt.

1.2. Noch verfallbare und noch erwerbbare Ansprüche

1.2.1. Sofern die Versorgungszusage bei ihnen gemäß Art. 1 § 13 der Betriebsvereinbarung über das Versorgungswerk vom 16.12.92 zum 30.11.1995 noch nicht zehn Jahr bestanden hat, bzw. soweit Sie nach Art 1 §§ 3 und 7 dieser Betriebsvereinbarung bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres noch Versorgungsansprüche erwerben könnten, machen wir Ihnen hierfür ein Abfindungsangebot. …”

Dieses Angebot nahm der Kläger am 24.11.1995 an.

Am 01.12.1995 schloss die Firma STP alt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, mit der Firma L. GmbH (i.F.: LPS GmbH), einer damals zum I.-Konzern gehörenden Gesellschaft, einen Einbringungsvertrag, durch...

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