Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bezüglich einer generell gewährten Gehaltserhöhung. Anschlussberufung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Anschlussberufung ist nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift zulässig. Unterbleibt zunächst die Berufungsbeantwortung, so ist zumindest die Anschlussberufung innerhalb der Monatsfrist zu erheben. Ausnahmsweise kann sich auch im Einzelfall ergeben, dass eine spätere Anschlussberufung noch möglich ist.

2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund abstrakter Regelungen gewährt. Die Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus dem Kreis der Begünstigten bedarf eines sachlichen Grundes.

 

Normenkette

ZPO § 524 Abs. 2; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 28.07.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2821/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom28. Juli 2005 – Az.: 4 Ca 2821/05 – wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte des weiteren verurteilt, an den Kläger für die Monate Juli 2005 bis November 2005 jeweils 87,50 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank jeweils seit dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

3. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

5. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Gehaltserhöhungsbeträge aus den Jahren 2004 und 2005. Mit ihrer Widerklage begehrt die Arbeitgeberin die Feststellung, ab Juli 2005 keine Gehaltserhöhungen zu schulden.

Der Kläger ist im Jahr 1977 in die Dienste der Firma D. getreten. Deren Nachfolgerin war die Firma C.. Diese war durch einen Haustarifvertrag an die Tarifverträge der Metallindustrie Süd-Württemberg/Süd-Baden und im Entgeltbereich an die der Bayerischen Metallindustrie gebunden.

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft IG Metall. Er war und ist als Vertriebsbeauftragter in Vollzeit beschäftigt, wobei die Arbeitszeit bei der Firma C. sich generell auf 35 Wochenstunden belief. Das Unternehmen C. ist von der Beklagten übernommen worden, so dass das Arbeitsverhältnis zum Stichtag 01. November 2002 auf die nicht tarifgebundene Beklagte übergegangen ist. Die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit beläuft sich bei der Beklagten auf 38 Wochenstunden.

Der Kläger hat im Jahre 2002 als C.-Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 3,1 % und im Jahre 2003 eine solche in Höhe von 2,6 % erhalten. Die Beklagte hat den Kläger ab dem 01. November 2003 den Abschluss eines H.-Standard-Arbeitsvertrages angeboten. Dies ist von ihm im Hinblick auf nachteilige Folgen im Bereich der Altersversorgung abgelehnt worden; er wäre bezüglich seiner Anwartschaft wie ein neu eingestellter Beschäftigter gestellt worden.

Für die Gehaltsrunde im Jahre 2004 wurde weltweit ein generelles Budget – über die legal erforderlichen Anpassungen hinaus – zur Verfügung gestellt. Die Beklagte schloss mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat unter dem Datum des 11. Februar 2003 eine Gesamtbetriebsvereinbarung unter der Überschrift „Gehaltssystem” ab, deren Geltungsbereich auf Mitarbeiter mit dem H.-Standard-Arbeitsvertrag beschränkt sein sollte. Wörtlich lautet es unter Ziff. 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung:

Sie gilt nicht für Mitarbeiter, in deren Arbeitsverhältnisse H. nach dem 31. Oktober 2002 kraft gesetzlich angeordneter Rechtsnachfolge – insbesondere aufgrund von § 613 a BGB – eingetreten ist bzw. eintritt, d.h. sie gilt nur für Mitarbeiter, die einen H.-Standard-Arbeitsvertrag haben. Damit gilt sie nicht für p.-Mitarbeiter, es sei denn, einzelne Mitarbeiter hätten einen H.-Standard-Arbeitsvertrag unterzeichnet.

Unter Ziff. 2.5 ist unter der Überschrift „Generelle Gehaltserhöhung” bestimmt:

Die generelle Erhöhung wird 12 Monate nach der letzten generellen Erhöhung gewährt. Der Betrag der generellen Erhöhung ist für alle Mitarbeiter in den Joblevel: Entry, Intermediate, Specialist, Expert, Master, Base, Primary, Core, Senior, Advanced, Supervisor 1, Supervisor 2 und Manager 1 gleich hoch, in den Joblevel Fellow und ab Manager 2 entfällt die generelle Erhöhung.

Einmal jährlich werden 25% des Gesamtjahresbudgets als generelle Gehaltserhöhung ausgeschüttet.

Die generelle Gehaltserhöhung richtet sich nach folgenden Kriterien: (* vereinbarter Bezugsbetrag zum Inflationsausgleich = EUR 60,–)

  1. ergibt das Gehaltsbuget für die generelle Erhöhung einen höheren Betrag als der vereinbarte Bezugsbetrag von EUR 60,–* pro Mitarbeiter, so ist der höhere Betrag maßgebend (vgl. Beispiel 1).
  2. ergibt die Berechnung unter Berücksichtigung der Steigerung der Inflationsrate einen niedrigeren Betrag als EUR 60,–* so gilt dann der reduzierte Betrag (vgl. Beispiel 2).
  3. Übersteigt der Betrag aus der Berechnung der Inflationsrate EUR 60,–, so erhöht sich der ve...

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