Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von Urlaub auf das Folgejahr nach dem Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure von Tageszeitungen. Schadensersatzanspruch für untergegangenen Resturlaub

 

Leitsatz (amtlich)

§ 9 Nr. 5 Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure von Tageszeitungen ermöglicht die Übertragung von Urlaub auf das 1. Quartal des Folgejahres ohne das Vorliegen von Übertragungsgründen im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG.

 

Leitsatz (redaktionell)

›§ 9 Nr. 5 Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure von Tageszeitungen ermöglicht die Übertragung von Urlaub auf das 1. Quartal des Folgejahres ohne das Vorliegen von Übertragungsgründen im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG.‹

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3; MTV Redakteurinnen und Redakteure von Tageszeitungen § 9 Nr. 5; Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteuere von Tageszeitungen § 9 Nr. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Entscheidung vom 23.09.2011; Aktenzeichen 1 Ca 197/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 23.09.2011, Az. 1 Ca 197/11, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen nicht gewährten Urlaubs. Wegen des Parteivortrages und der Sachanträge erster Instanz wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 23.09.2011 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dem Kläger stehe ein Schadenersatzanspruch auf die Gewährung von vier Tagen Urlaub aus dem Jahr 2010 zu. Der Kläger habe diesen Urlaub vor Verfall zwei Mal rechtzeitig geltend gemacht. Bereits der Urlaubsantrag vom 30.12.2010 sei dahin auszulegen, dass der Kläger seinen Resturlaub aus dem Jahr 2010 nehmen wollte. Im Übrigen sei der Urlaub ohnehin nicht zum Jahreswechsel verfallen. Insoweit sei nicht § 7 BUrlG sondern die hiervon abweichende Vorschrift des § 9 Nr. 5 des Manteltarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen (im Folgenden: MTV) maßgeblich. Nach dem eindeutigen Wortlaut ermögliche es diese Vorschrift den Urlaub auch ohne Vorliegen von Übertragungsgründen bis zum 31.03. des Folgejahres abzuwickeln. Die von der Beklagten behauptete Bedingung, dass die Übertragung nur statthaft sei, wenn der Urlaub zusammenhängend genommen werde, sei weder dem Wortlaut noch sonstigen relevanten Auslegungskriterien zu entnehmen. Auch die Verwendung des Begriffs "grundsätzlich" sage nichts darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Übertragung in Betracht komme. Schließlich sei der Manteltarifvertrag auch nicht lückenhaft mit der Folge, dass insoweit auf das Bundesurlaubsgesetz und die dort geregelten Übertragungstatbestände zurückzugreifen sei. Für den wegen der Nichtgewährung untergegangenen Resturlaub aus dem Jahr 2010 hafte die Beklagte nach § 287 Satz 2 BGB. Es sei daher Ersatzurlaub von vier Tagen zu gewähren.

Das Urteil ist der Beklagten am 10.10.2011 zugestellt worden. Mit der am 13.10.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 07.12.2011 ausgeführten Berufung rügt die Beklagte, das Arbeitsgericht habe die Vorschrift des § 9 Ziffer 5 MTV fehlerhaft ausgelegt. Der Tarifvertrag weiche tatsächlich nicht von den Bestimmungen des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ab. Die vom Arbeitsgericht insoweit zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht einschlägig. Die Formulierung des Nebensatzes "spätestens bis zum 31.03. des folgenden Jahres" sei als Ausnahme zum Grundsatz der Urlaubsnahme während des laufenden Jahres formuliert und so von den Tarifvertragsparteien beabsichtigt gewesen. Eine Kumulierung von Urlaubsansprüchen über Jahre hinweg solle vermieden werden. Bei der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Auslegung komme dem Grundsatz keinerlei Bedeutung zu. Die Beklagte weist auf Schwierigkeiten mit der Planbarkeit der Abwesenheitszeiten der Redakteure und bilanzbelastenden Urlaubsrückstellungen hin und meint, diese Umstände hätten auch von den Tarifvertragsparteien berücksichtigt werden sollen. Daraus folge, dass eine Übertragung des Urlaubsanspruchs nur ausnahmsweise und nicht ohne Grund erfolgen dürfe, wobei die in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG genannten Übertragungsgründe heranzuziehen seien. Jedenfalls sei aber zu fordern, dass der Urlaub noch im laufenden Urlaubsjahr unter Darlegung der Übertragungsgründe beantragt werden müsse, was der Kläger nicht getan habe.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm (Az. 1 Ca 197/11) vom 23.09.2011 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm (Az. 1 Ca 197/11) vom 23.09.2011, welche mit Schriftsatz vom 12.10.2011 eingereicht wurde, zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und meint, die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei sehr wohl einschlägig, die im dortigen Tarifvertrag verwendete Formulierung sei vergleichbar mit der des MTV. Ausgehend vom...

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