Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Annahme eines verschleierten Arbeitseinkommens. Schadensersatz wegen unrichtiger Drittschuldnererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein verschleiertes Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 h Abs. 2 ZPO liegt vor, wenn der Schuldner einem Dritten in ständigem Arbeitsverhältnis Dienste leistet, hierfür aber nur eine unverhältnismäßig geringere als die übliche Vergütung erhält.

2. Beim Unterschreiten der üblichen Vergütung um weniger als 25 Prozent kann noch nicht von einer unverhältnismäßig geringen Vergütung ausgegangen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 850h, 840 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 22.01.2007; Aktenzeichen 11 Ca 298/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.10.2008; Aktenzeichen 10 AZR 703/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 22.01.2007 – Az. 11 Ca 298/06 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

  1. an den Kläger für die Monate November 2006 bis Juli 2007 EUR 1.699,35 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.05.2007 zu zahlen;
  2. ab 01.08.2007 an den Kläger die sich unter Berücksichtigung der aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 18.05.2006, Az. 82 M 11654/06, sowie der Freigrenzen ergebenden pfändbaren Beträge zu zahlen mit der Maßgabe, die Zahlung auf die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zu begrenzen; ausgehend von einem Bruttoeinkommen von EUR 2.300,00 und dem Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung für eine Person sind dies derzeit monatlich EUR 192,05;
  3. an den Kläger EUR 755,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2006 aus EUR 387,90 und seit 02.05.2007 aus weiteren EUR 387,90 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege der Drittschuldnerklage über die Verpflichtung der Beklagten zur Auskehrung gepfändeter Beträge und zur Zahlung eines Schadensersatzes an den Kläger.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 01.10.2005 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GbR F. und M. bestellt worden. Die Beklagte wurde am 30.03.2006 gegründet und am 10.04.2006 als GmbH in das Handelsregister eingetragen. Sie befasst sich mit der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Messgeräten aller Art sowie der zugehörigen Software. Entsprechende Tätigkeiten hatte auch die ehemalige T. GbR verrichtet. Ebenso wie der frühere Gesellschafter der T. F. ist auch sein damaliger Mitgesellschafter M., ein Diplom-Physiker, nunmehr für die Beklagte tätig. Seit wann, in welchem Umfang und mit welchen Aufgaben ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine titulierte Forderung über EUR 513.468,74 nebst Zinsen und Kosten aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 02.02.2006 gegen Herrn M., dem er den Streit verkündet hat, geltend. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 18.05.2006, Az. 82 M 11654/06, ließ der Kläger das Arbeitseinkommen des Streitverkündeten aus dessen Tätigkeit für die Beklagte pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Zugestellt wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Beklagten am 09.06.2006 verbunden mit der Aufforderung, die üblichen Fragen gemäß § 840 ZPO zu beantworten. Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 22.06.2006, teilte mit, dass die Forderung grundsätzlich anerkannt werde und Bereitschaft bestünde Zahlungen zu leisten, dies gelte jedoch nur für den Fall, dass ein Arbeitsvertrag mit Herrn M. zustande komme. Bis jetzt stehe man mit ihm erst in Vertragsverhandlungen. Man werde den Kläger umgehend über den Vertragsschluss unterrichten. In einem weiteren Schreiben vom 18.07.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ein Arbeitsvertrag sei in Vorbereitung aber noch nicht unterzeichnet. Es gebe gegenwärtig keinen Grund, aus der Tätigkeit von Herrn M. irgendwelche Zahlungen zu leisten.

Tatsächlich war der Streitverkündete M. für die Beklagte bereits seit Gründung der Gesellschaft tätig. In welchem Zeitumfang und mit welchen Aufgaben, ist zwischen den Parteien streitig. Seit Juli 2006 ist der Streitverkündete verheiratet, seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Die Beklagte schloss mit dem Streitverkündeten schließlich einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach zum 01.09.2006 sein Arbeitsverhältnis begann, zunächst auf der Basis von 30 Wochenstunden, ab 01.11.2006 auf der Basis von 40 Wochenstunden, die Vergütung belief sich danach zunächst auf EUR 1.400,00, sodann auf EUR 2.300,00, als Aufgabenstellung war vereinbart Vertrieb mit Schwerpunkt Innendienst, Kundenberatung, gelegentlich Kundenbesuche, Vertriebsbüro, Bürotätigkeiten.

Irgendeine Überweisung gepfändeter Gehaltsansprüche des Streitverkündeten seitens der Beklagten an den Kläger erfolgte nicht.

Der Kl...

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