Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessener Zuschlag für Nachtarbeit gem. § 6 Abs. 5 ArbZG. Parallelentscheidung zu LAG Baden-Württemberg v. 11.01.2019 9 Sa 57/18, LAG Baden-Württemberg v. 11.01.2019 9 Sa 59/18, LAG Baden-Württemberg v. 11.01.2019 9 Sa 60/18 und LAG Baden-Württemberg v. 11.01.20199 Sa 61/18

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG für eine Dauernachtwache in einem Pflegeheim, die für den Arbeitgeber gesetzlich verpflichtende Nachtarbeit leistet, beträgt 20 %. Er setzt sich zusammen aus dem Grundzuschlag für gesetzlich vorgeschriebene Nachtarbeit von 15 % und einer Erhöhung von weiteren 5 % für den Umstand der Dauernachtwache.

 

Normenkette

ArbZG § 6 Abs. 5, § 2 Abs. 3, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 13.06.2018; Aktenzeichen 1 Ca 492/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2020; Aktenzeichen 10 AZR 123/19)

 

Tenor

  • I.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 13. Juni 2018 - 1 Ca 492/17 - wird auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Das Versäumnisurteil vom 24. Januar 2018 wird teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 593,88 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. August 2017 zu zahlen.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3. Die Klägerin trägt 2/3 der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 1/3 mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die die Beklagte zu tragen hat.
  • II.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  • III.

    Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Zuschläge für geleistete Nachtarbeit in einem Altenpflegeheim.

Die Beklagte betreibt bundesweit mehrere Altenheime, darunter auch eine Seniorenresidenz in F., in welcher die Klägerin als Altenpflegerin arbeitet. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden und auch arbeitsvertraglich wird nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen.

Die Klägerin wird als Dauernachtwache zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr eingesetzt. Die Beklagte rechnet in der monatlichen Lohnabrechnung neben der festen Monatsvergütung für jede geleistete Stunde Nachtarbeit ein Nachtzuschlag in Höhe von 15% auf Basis der Stundenvergütung ab. Seit 01.02.2018 bezahlt die Beklagte an ihre Dauernachtwachen 20 %. Diese Zahlung erfolgte nicht rückwirkend. Die Beklagte sieht dies als eine freiwillige Erhöhung des Dauernachtwachenzuschlags an.

Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Belastung der Klägerin nicht über die Normalbelastung eines Nachtarbeitnehmers hinausgeht. Sie ist nach dem gegenwärtigen Streitstand weder belastender noch weniger belastend.

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung verlangte die Klägerin unter Berücksichtigung des geleisteten Nachtzuschlages in Höhe von 15 % noch einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von weiteren 15% (zusammen 30%) für 959,40 Stunden im Zeitraum Mai 2016 bis 15. Juni 2017 geleistete Nachtarbeit.

Die Klägerin ist der Meinung, ihr stehe ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von insgesamt 30% des Stundenlohns zu. Sie leiste dauerhaft Nachtarbeit und könne daher in Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 09.12.2015 (10 AZR 423/14) einen angemessenen Zuschlag im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG in Höhe von 30 % für sich beanspruchen.

Außerdem könne sie für jeden Monat, in welchem nur 15% Zuschlag auf Nachtarbeit geleistet wurde, noch eine Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB beanspruchen.

Nach Säumnis der Beklagten im Termin vom 24.Januar 2018 wurde die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 24. Januar 2018 verurteilt, an die Klägerin entsprechend dem Klagebegehren € 1779,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28. Dezember 2017 zu bezahlen sowie eine Verzugspauschale von € 520 € netto.

Gegen das der Beklagten am 6. Februar 2018 zugestellte Versäumnisurteil legte die Beklagte am 12. Februar 2018 Einspruch ein.

Die Klägerin beantragte im Einspruchstermin:

Das Versäumnisurteil vom 24. Januar 2018 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte beantragte,

das Versäumnisurteil vom 24. Januar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach der im Rahmen von § 6 Abs. 5 ArbZG durchzuführenden Interessenabwägung könne die Klägerin lediglich einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 15% beanspruchen. Die Arbeit als Nachtwache in der stationären Altenpflege gehe nicht über die Erschwernis anderer Nachtarbeiten hinaus. Außerdem sei die Beklagte als Betreiberin einer stationären Altenpflegeeinrichtung nach § 10 der Verordnung des Sozialministeriums über personelle Anforderungen für stationäre Einrichtungen vom 07.12.2015 (Landespersonalverordnung; LPersVO) verpflichtet, einen Mindestpersonalumfang in der Nachtschicht einzusetzen. Nach § 10 LPersVO müsse im Nachtdienst ständig eine Pflegefachkraft eingesetzt und anwesend sein und zwar mindestens pro 45 Bewohnerinnen und Bewohner je eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter. Aufgrund dieser Vorgaben zum Eins...

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