Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsschutzklage gegen „vorsorgliche” Änderungskündigung. Streitgegenstand. Feststellungsinteresse. Bestimmtheit der Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei einer unter Vorbehalt angenommenen „vorsorglichen” Änderungskündigung besteht bereits im Hinblick auf § 7 2. Halbsatz KSchG ein rechtliches Interesse an einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG

Streitgegenstand einer solchen Änderungsschutzklage ist grundsätzlich auch die, Feststellung, daß die dem Arbeitnehmer angetragene Änderung nicht bereits auf andere Weise eingetreten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Rechtsbedingung, von der die Änderungskündigung abhängen soll, oder der Inhalt des Änderungsangebotes nicht hinreichend bestimmt sind. Gleichwohl ist auch in diesem Fall ein Feststellungsinteresse für die Änderungsschutzklage zu bejahen.

 

Normenkette

KShG §§ 2, 4 S. 2, § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 14.05.1996; Aktenzeichen 14 Ca 6180/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.03.1998; Aktenzeichen 2 AZR 577/97)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.05.1996 –14 Ca 6180/95 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen,

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer vom Beklagten mit Schreiben vom 29.06.1995 vorsorglich erklärten ordentlichen Änderungskündigung, die der Kläger unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen hat.

Der am 07.09.1967 geborene Kläger ist seit dem 03.04.1989 im Betrieb der jetzigen Gemeinschuldnerin, bzw. deren Rechtsvorgängerin als Kontrolleur beschäftigt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt es – soweit ersichtlich – nicht. Wegen der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten wird auf die Seite 6 der Berufungsbegründungsschrift (Blatt 130 der Akten) verwiesen. Im Betrieb der Gemeinschuldnerin, die bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens dem Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e. V. angehörte, wurden die zwischen dem Verband der Metallindustrie und der Industriegewerkschaft Metall Bezirksleitung Stuttgart für den Bereich Nordwürttemberg/Nordbaden geschlossenen Tarifverträge angewendet. Von den im Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I vom 11.02.1988 (LGRTV I) vorgesehenen Arbeitsbewertungssystemen – analytisch oder summarisch – wurde das analytische System praktiziert. Eine Betriebsvereinbarung hierüber war – trotz Bestehens eines Betriebsrats – nicht geschlossen Der Kläger war in die Lohngruppe 5 eingruppiert.

Am 31.03.1994 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet; der Beklagte wurde zum Konkursverwalter bestellt. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien sind nach der Satzung des VMI dessen Mitglieder mit der Eröffnung des Konkursverfahrens aus dem Verband ausgeschlossen.

Am 05.04.1995 schlossen die Betriebspartner zum einen die Blatt 39, 40 der Akten bildende Betriebsvereinbarung, die u.a. in Ziffer 2. 1. folgendes vorsieht:

„Einführung des Systems der summarischen Arbeitsbewertung auf der Grundlage allgemeiner Lohngruppenbeschreibungen zum 01.04.1995 gemäß Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I vom 11.02.1988. Deshalb wird mit Wirkung ab 01.04.1995 die Entlohnung vom analytischen System auf das summarische System nach Maßgabe der in Anlage 1 beigefügten Gegenüberstellung Monatsgrundlohntabelle analytisches System/summarisches System mit Stand 01.04.1993 umgestellt.”

Betriebsvereinbarung als Anlage 1 beigefügt war eine „Gegenüberstellung Monatgrundlohntabelle gültig ab 01.04.1993” (siehe Blatt 41 der Akten); die darin enthaltenen Beträge entsprechen den mit dem Lohnabkommen für die Beschäftigten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 17.05.1992 für die Zeit ab 01.04.1993 vereinbarten Monatsgrundlohntabellen. Ebenfalls am 05.04.1995 schlossen die Betriebspartner eine weitere „Betriebsvereinbarung über die neue Eingruppierung im summarischen System” (siehe Blatt 42, 43 der Akten). Nach deren Ziffer 2.2. erlegt die Eingruppierung gem. § 6 LGRTV I. Ferner sieht diese Betriebsvereinbarung in Ziffer 3.2. vor, daß „die Grundlöhne derjenigen Mitarbeiter deren Einstufung zum 01.07.1995 wirksam wird, (…) mit Wirkung auf diesen Zeitpunkt um 3,4 % erhöht” werden. Ein „Eingruppierungskatalog” (siehe Blatt 50–73 der Akten) wurde von der paritätischen Kommission unter dem 10.05.1995 genehmigt.

Mit Schreiben vom 23.06.1995 (siehe Fotokopie Blatt 77, 78 der Akten) teilte der Beklagte dem Betriebsrat mit, es sei beabsichtigt, „vorsorglich für den Fall, daß die seit 01.07.1995 geltende neue Eingruppierung und die damit verbundene Lohnberechnung nicht bereits von der Betriebsvereinbarung gedeckt ist, sondern eine Änderungskündigung im Einzelfall erforderlich machen sollte, folgende Änderungskündigungen” zum 30.09.1995, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin auszusprechen.

Mit Schreiben vom 30.06.1995 (siehe Fotokopie Blatt 79 der Akten) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung und teilte mit, die beabsichtigte ...

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