Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldanerkenntnis. Anfechtung. Drohung. Schadenswiedergutmachung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Drohung mit einer Strafanzeige oder die Einschaltung der Polizei durch den Arbeitgeber darf nur dazu dienen, den Arbeitnehmer zur Wiedergutmachung des von ihm verursachten Schadens im Rahmen eines Schuldanerkenntnisses zu veranlassen. Nutzt dagegen der Arbeitgeber die (zufällig) festgestellten Straftaten des Arbeitnehmers aus, um anderweitige zivilrechtliche Ansprüche gegen diesen durchzusetzen, entfällt der rechtfertigende innere Zusammenhang zwischen der anzuzeigenden oder zu ermittelnden Straftat und dem wiedergutzumachenden Schaden, wenn sich dieser nicht gerade aus der Straftat selbst ergibt.

 

Normenkette

BGB § 123

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 17.10.2001; Aktenzeichen 19 Ca 9851/99)

 

Tenor

1.Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.10.2001 – Az.: 19 Ca 9851/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2.Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird im Hinblick auf § 69 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) abgesehen, nachdem die Revision zum Bundesarbeitsgericht gegen dieses Urteil nicht zugelassen worden ist. Stattdessen wird auf den Inhalt der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

Die Parteien streiten auch im zweiten Rechtszug weiter über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde sowie deren Herausgabe an die Klägerin und die Wirksamkeit zweier von dieser abgegebenen Schuldanerkenntniserklärungen. Ihr Vorbringen im Berufungsverfahren erschließt sich aus den Schriftsätzen des Berufung führenden Beklagten vom 22.04. und 18.06.2002 (LAG-ABl. 31-45 bzw. 75-80) sowie dem der Klägerin vom 22.05.2002 (LAG-ABl. 67-72) nebst ihren Anlagen. Hierauf wird Bezug genommen.

Der Beklagte führt gegen die Erwägungen des Arbeitsgerichts unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages im Wesentlichen an, dieses habe fälschlicherweise unterstellt, dass die der Schuldanerkenntniserklärung der Klägerin zu Grunde liegende Forderung nicht aufgrund einer konkreten Berechnung, sondern im Wege einer Hochrechnung ermittelt worden sei. In Wirklichkeit sei dieser Betrag durch eine Kassenprüfung ermittelt worden. Nach den Feststellungen der Kassenprüfer habe sich der nicht durch Falschbuchungen erklärbare Kassenfehlbestand auf insgesamt DM 133.064,77 summiert. Davon sei im Hinblick auf einen Raubüberfall ein Betrag in Höhe von ca. DM 13.000,00 in Abzug gebracht worden. Einen Betrag von etwa DM 120.000,00 habe man der Klägerin als von ihr unterschlagen genannt. Diesen habe sie zwar als „zu hoch” bezeichnet, gleichwohl aber noch am 14.01.1999 einen Schadensbetrag in Höhe von DM 118.000,00 sowie Beweissicherungskosten in Höhe von DM 4.600,00 als Schuldbetrag anerkannt und sich noch am selben Tag vor dem Notar der sofortigen Zwangsvollstreckung bezüglich eines Kapitalbetrages in Höhe von DM 122.600,00 unterworfen. Die zur Schadenshöhe teilweise entgegengesetzte Aussage des … sei nicht nachvollziehbar. Von einem Schaden in Höhe von mehreren DM 100.000,00 sei zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. Es sei auch eine haltlose Unterstellung, wenn das Arbeitsgericht meine, er, der Beklagte, habe die Gelegenheit der Aufdeckung der Diebstahlshandlungen der Klägerin dazu benutzt, mittels eines von ihr unterzeichneten Schuldanerkenntnisses auch solche Inventurdifferenzen auszugleichen, für welche andere Ursachen als die von ihr eingeräumte Schädigung in Betracht kämen. Offenbar habe sich das Arbeitsgericht von dem Leitbild „böser Arbeitgeber – armer Arbeitnehmer” einerseits und dem Urteil des LAG Thüringen vom 10.09.1998 – Az.: 5 Sa 104/97 – andererseits blenden lassen. Im vorliegenden Fall seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in dem im Schuldanerkenntnis aufgeführten Betrag Differenzen enthalten sein könnten, für welche andere Ursachen als die aufgedeckte strafbare Handlung der Klägerin wahrscheinlich seien. Trotz mehrtägiger Überwachung durch die Kamera seien andere Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen nicht eines Griffs in die Kasse überführt worden. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass … sich regelmäßig aus der Kasse bedienten, gebe es nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der von ihr anerkannte Schadensbetrag der Höhe nach nicht zutreffend sein könne, habe die Klägerin auch nicht ansatzweise vorgetragen. Hinzu komme, dass sie nicht nur ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis abgegeben habe, sondern darüber hinaus den von ihr eingegangenen Ratenzahlungsverpflichtungen über rund 8 ½ Monate nachgekommen sei und am 02.09.1999 schließlich erneut vor einem Notar zur Sicherung der anerkannten Forderung ihr Erbteil am Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes verpfändet und eine Sicherungsgrundschuld bestellt habe.

Des Weiteren sei die Schätzung des Arbeitsgerichts über die mutmaßliche Schadenshöhe irrig; bereits in der kurzen Zeit ...

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