Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhalt eines qualifizierten Zeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Auf eine allgemeine Höflichkeitsbekundung am Ende eines qualifizierten Zeugnisses, die offensichtlich keinen Bezug zum Verhalten und/oder der Leistung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis hat, sind die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum beredten Schweigen nicht anzuwenden.

 

Normenkette

GewO § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 18.06.0201; Aktenzeichen 13 Ca 308/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.12.2012; Aktenzeichen 9 AZR 227/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Aalen – vom 18.06.2010 – Az: 13 Ca 308/09 – abgeändert:

  1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Aalen – vom 26.05.2009 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten im Termin am 26.05.2009 entstanden sind, welche die Beklagte trägt.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, das dem Kläger unter dem Datum 28.02.2009 von ihr erteilte qualifizierte Arbeitszeugnis ganz am Ende um die Formulierung „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute” zu ergänzen, nachdem die Beklagte im erteilten Zeugnis am Ende lediglich „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute” formuliert hat.

Der am 16.09.1974 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 01.07.1998 bis 28.02.2009, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von EUR 5.000,00, als Marktleiter eines von ihr betriebenen Baumarkts in S. beschäftigt. Nachdem die Beklagte ihm zunächst unter dem Datum 28.02.2009 ein qualifiziertes Arbeitsendzeugnis durch Herrn R. erteilt (vgl. hierzu Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30.08.2010, Bl. 23, 24 der Akten) und der Kläger sich mit dessen Inhalt gemäß seinem Schreiben an die Beklagte vom 18.03.2009 (Bl. 25 der Akten) nicht einverstanden erklärt hatte, änderte die Beklagte das zunächst erteilte Zeugnis teilweise ab und erteilte ihm, nunmehr unterschrieben von Frau B., unter dem Datum 28.02.2009 ein neues Zeugnis (vgl. Anlage 4 Schriftsatz der Beklagten vom 30.08.2010, Bl. 26, 27 der Akten). Hiergegen erhob der Kläger wiederum Einwände mit Schreiben an die Beklagte vom 29.03.2009 (Bl. 28 bis 30 der Akten), worauf die Beklagte ihm – erneut unterschrieben von Frau B. – das Endzeugnis in der nunmehr zwischen den Parteien im vorliegenden Rechtsstreit streitigen Fassung mit Datum 28.02.2009 erteilte. Bezüglich der Einzelheiten dieses Zeugnisses wird voll inhaltlich auf Bl. 31, 32 der Akten = Bl. 4,5 der Akten – Arbeitsgericht verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe Anspruch auf eine vollständige Schlussformulierung im Zeugnistext, da eine fehlende bzw. unzureichende „Wunschformel” regelmäßig ein besonders gutes Zeugnis entwerte. Aus dem vollständigen oder teilweise Fehlen von Schlussformulierungen im Arbeitszeugnis zögen viele potentielle Arbeitgeber regelmäßig negative Schlussfolgerungen. Jedenfalls aber entwerte der vorliegend von der Beklagten knapp formulierte Schlusssatz, der weder Dank für die bisherige Zusammenarbeit, noch ein Bedauern seines Ausscheidens beinhalte, deutlich die aus dem übrigen Zeugnistext zuvor hervorgehende gute Leistungs- und Führungsbeurteilung seiner Person.

Der Kläger hat zunächst beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des mit Datum vom 28.02.2009 erteilten Arbeitszeugnisses ein neues Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich vom vorgenannten Zeugnis lediglich dahingehend unterscheidet, dass der letzte Satz des Zeugnistextes wie folgt umformuliert wird: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute”

und zuletzt,

das Versäumnisurteil vom 26.05.2009 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 26.05.2009 die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

es fehle an einer Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Zeugnisberichtigung. Der Kläger habe nicht dargelegt, woraus sich der von ihm geltend gemachte Anspruch, der der Beklagten auferlege, sich bei ihm für langjährige Zusammenarbeit zu bedanken und ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute zu wünschen, ergeben solle.

Nachdem die Beklagte mit gerichtlicher Verfügung vom 08.05.2009 unter Beifügung der Doppel der Klageschrift zum Gütetermin am 26.05.2009 durch gerichtliche Verfügung vom 08.05.2009 geladen wurde, erschien sie zum Gütetermin am 26.05.2009 nicht, was sie mit Schriftsatz vom 22.05.2009 (Bl. 12 der Akten-Arbeitsgericht) zuvor angekündigt hatte. Die gerichtliche Terminsverfügung zum Termin am 26.05.2009 und die Doppel der Klageschrift hatte sie am 12.05.2009 erhalten (vgl. Postzustellungsurkunde Bl. 8 der Akten-Arbeitsgericht). Infolge ihres ...

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