Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsansprüche aus Arbeitsverhältnissen als wiederkehrende Leistungen. § 42 GKG als abschließende Deckelungsvorschrift. Dreifacher Jahresbetrag als Gegenstandswert für wiederkehrende Leistungen. Kein Abschlag vom dreifachen Jahresbetrag bei Feststellungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG können auch dann vorliegen, wenn die Ansprüche auf die einzelnen Leistungen mehr voraussetzen als den bloßen Zeitablauf.

2. Bei Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist kein Abschlag vorzunehmen, auch wenn diese Ansprüche nicht mit einer Leistungs-, sondern mit einer Feststellungsklage geltend gemacht werden.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 1 S. 1, § 68 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 09.09.2019; Aktenzeichen 2 Ca 73/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Unterbevollmächtigten des Klägers wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 09.09.2019 - 2 Ca 73/17 - dahingehend abgeändert, dass der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert von 1.408,38 EUR auf 30.368,16 EUR angehoben wird.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG in einem Rechtstreit über die Erstattung von Heilbehandlungskosten.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger (Dienstordnungsangestellter) weiterhin Beihilfe für seine dauerhaft in Anspruch genommene Behandlung bei einer Heilpraktikerin zu gewähren. Der Kläger verlangte mit dem Antrag zu 1 die Zahlung von 733,53 EUR (= 70 % der Heilpraktikerrechnung vom 31.01.2017 für im Januar 2017 erbrachte Behandlungsleistungen) und begehrte mit dem Antrag zu 2 die Feststellung der unbefristeten Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Betrags gemäß dem Antrag zu 1 zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 110,03 EUR ab Februar 2017.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 1.408,38 EUR (733,53 EUR für den Antrag zu 1 sowie 674,85 EUR ≪733,53 EUR + 110,03 EUR = 843,56 EUR x 80 %≫) festgesetzt.

Mit der Beschwerde begehrt der Unterbevollmächtigten des Klägers die Anhebung des Streitwerts auf 30.368,16 EUR (843,56 EUR/Monat zu gewährende Beihilfe x 36 Monate).

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde des Unterbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 S. 3 iVm. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zu gering bemessen. Dieser war von 1.408,38 EUR auf 30.368,16 anzuheben.

1. Der Antrag zu 2 ist mit dem 36-fachen monatlichen Beihilfebetrag von insgesamt 843,56 EUR zu bemessen, ohne dass ein Abschlag vorzunehmen ist, weil es sich nicht um einen Leistungs-, sondern um einen Feststellungsantrag gehandelt hat. Denn § 42 GKG stellt insgesamt eine abschließende Deckelungsvorschrift dar. Die darin gezogenen Obergrenzen gelten für alle Arten von Klagen.

a) Es kann dahinstehen, ob die Bewertung sich direkt aus § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ergibt (so die Beschwerde) oder ob diese Vorschrift (jedenfalls) nicht unmittelbar anwendbar ist (so das Arbeitsgericht).

aa) Das mit dem Antrag zu 2 verfolgte Interesse des Klägers wird durch die arbeitsgerichtliche Festsetzung auf eine monatliche Beihilfeleistung deutlich zu gering bemessen. Das Arbeitsgericht hat lediglich eine (unmittelbare wie auch eine sinngemäße) Anwendung der Streitwertbegrenzungsvorschrift (!) des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den vorliegenden Sachverhalt abgelehnt, ohne jedoch anzugeben, nach welchem Maßstab es eine Bewertung vorgenommen hat. Auch hat es nicht erläutert, weshalb es den Streitwert für den Antrag zu 2 auf 80 % einer monatlichen Beihilfeleistung inklusive des vom Kläger hinzugefügten Sicherheitszuschlags festgesetzt hat, obwohl der Kläger auf eine zeitlich unbegrenzte monatliche Leistungspflicht der Beklagten angetragen hat. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die die Festsetzung des Streitwerts auf diesen Betrag als angemessen erscheinen lassen könnten.

bb) Das Arbeitsgericht hat sich an einer Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG gehindert gesehen, weil es in dem Ausgangsrechtsstreit nicht um eine wiederkehrende Leistung im Sinne dieser Vorschrift gegangen sei. Denn wiederkehrende Leistungen im Sinne dieser Vorschrift seien in gewissen Zeitabschnitten aus demselben Schuldverhältnis fällig werdende Leistungen, wobei die einzelnen Leistungen nur noch vom Zeitablauf abhängen. Demgegenüber handele es sich bei der begehrten Beihilfe für die Leistungen der Heilpraktikerin nicht um eine laufende, der Höhe nach feststehende Schuld, deren Fälligkeit nur vom Zeitablauf abhänge. Vielmehr seien die Leistungen für die Gewährung einer Beihilfe stets erneut und für di...

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