Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Klage auf Entfernung einer (Mehrfertigung einer) Abmahnung aus der Personalakte

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Streitwert bezüglich einer Klage, die auf die Entfernung der zur Personalakte genommenen (Mehrfertigung einer) Abmahnung gerichtet ist, ist nicht in Anlehnung an die Monatsvergütung des Arbeitnehmers festzusetzen. Maßgeblich ist das aus den Umständen des jeweiligen Einzelfalls herzuleitende Interesse des Arbeitnehmers an der begehrten Handlung des Arbeitgebers.

 

Normenkette

ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 1 Ca 713/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29. April 2004 – 1 Ca 713/03 – abgeändert:

Der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

Ihre weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts im Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts nach § 25 Abs. 2 GKG. Das Ausgangsverfahren hat durch Klagerücknahme geendet.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Bewertung der von ihm namens der Beteiligten zu 2 (Klägerin im Ausgangsverfahren) erhobenen Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte.

Die Beteiligte zu 2 (Klägerin) stand bei der Beteiligten zu 3 (Beklagte) als „Montagearbeiterin” in einem Arbeitsverhältnis. Ihre Vergütung belief sich auf 1.170,00 EUR pro Monat. Mit der am 03. Dezember 2003 erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen zwei von der Beklagten ausgesprochene Abmahnungen, die beide in einem Schreiben vom 22. Oktober 2003 aufgeführt sind, gewandt, in denen ihr zum einen die Tatsache vorgehalten wird, dass sie sich entgegen einer entsprechenden Weisung bei einer Unklarheit nicht an eine Kollegin, sondern an eine Vorgesetzte zu wenden habe, zum anderen, dass sie bestimmte Prüfanweisungen entweder nicht oder falsch angewandt habe. Für den Fall der Wiederholung der behaupteten Pflichtverletzung hat die Beklagte jeweils arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses angedroht.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den Gebührenwert für diese Klage unter Hinweis auf eine angebliche diesbezügliche Rechtsprechung der Beschwerdekammer auf 250,00 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Gebührenwert auf 1.170,00 EUR festzusetzen. Sie weisen darauf hin, dass es bei der Klage nicht lediglich um die Entfernung eines Schriftstücks aus einer Akte gegangen sei, sondern um die Berechtigung der zugrunde liegenden Vorwürfe. Außerdem erfordere die Bearbeitung des Falles denselben Aufwand wie bei einer verhaltensbedingten Kündigung. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur zu einem kleineren Teil in der Sache gerechtfertigt.

Zu bewerten ist der mit der Klage geltend gemachte Antrag im Ausgangsverfahren. Der Gebührenwert ist nach Abschluss des Verfahrens gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG vom Prozessgericht festzusetzen. Soweit es zulässig sein Ermessen ausgeübt hat, kann das Beschwerdegericht dessen Ermessensentscheidung übernehmen. Deshalb wird in solchen Fällen vom Beschwerdegericht eine entsprechende Entscheidung ungeachtet dessen respektiert, ob der festgesetzte Gebührenwert nach diesseitiger Auffassung zu hoch oder zu niedrig angenommen worden ist, wenn sich die „Richtigkeit” eines bestimmten Werts nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern Ergebnis einer richterlichen Schätzung ist, die auch von subjektiven Wertungselementen abhängt. Eine noch hinreichend begründete Ermessensentscheidung liegt aber weder im angegriffenen Beschluss noch in der Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitgerichts vor.

Insoweit zutreffend ist allerdings das Arbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer ausgegangen, dass bei der Bewertung einer auf die Entfernung einer (richtig wohl: Mehrfertigung einer) Abmahnung aus der Personalakte nicht auf das monatliche Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers abgestellt werden kann. Nach ständiger und langjähriger Rechtsprechung gilt Folgendes: „Den Bewertungsmaßstab gibt (nach § 12 Abs. 1 GKG) die Vorschrift des § 3 ZPO. Es ist mithin das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu würdigende Interesse der Klagpartei an der erstrebten Entscheidung zu bewerten. Die dafür relevanten Tatsachen sind festzustellen und sodann ist ihre wertbildende Bedeutung zu bestimmen. Für eine formelhafte „Konkretisierung” dahin, Wert des Antrags der Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte = Betrag eines Monatsgehalts, gibt es auch im Lichte der über §§ 286, 287 ZPO hinaus reichenden Freiheit „freies Ermessen”) bei der Entscheidung keinen diskussionsfähigen methodischen Ansatz. Der denkbaren Anknüpfung an den so genannten Anscheinsbeweis steht die Vielgesta...

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