Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels. Einwand. Unmöglichkeit. Folgekündigung. Auflösungsantrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Festsetzung von Zwangsmitteln gem. § 888 ZPO hat jedenfalls dann zu unterbleiben, wenn feststeht, dass dem Schuldner die Erbringung der geschuldeten Handlung nicht möglich ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 767

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Beschluss vom 16.12.2003; Aktenzeichen 3 Ca 445/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 16.12.2003 – 3 Ca 445/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren, das sich zur Zeit in der Berufungsinstanz (7 Sa 20/03) befindet, u. a. über eine von der Beklagten mit Schreiben vom 30.10.2002 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2003 ausgesprochene ordentliche Kündigung, eine von dieser mit Schreiben vom 10.02.2003 erklärte, auf verhaltensbedingte gestützte fristlose Kündigung, einen von ihr hilfsweise gestellten Auflösungsantrag sowie den Antrag des Klägers, als Leiter des Werks 4 der Beklagten in P. im Range eines Abteilungsleiters weiterbeschäftigt zu werden. Insoweit hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 22.08.2003 (ABl. 150 – 160), auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 10.02.2003 noch durch die ordentliche Kündigung vom 30.10.2002 zum 30.04.2003 aufgelöst worden ist. Den Auflösungsantrag der Beklagten hat es als unstatthaft zurückgewiesen und dem Antrag des Klägers, als Abteilungsleiter des Werkes 4 in P. weiterbeschäftigt zu werden, unter Abweisung im Übrigen für die Zeit bis zum 30.01.2004 entsprochen. Die zeitliche Beschränkung des Ausspruchs hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsklage erfolgte im Hinblick auf eine weitere, von der Beklagten mit Schreiben vom 31.07.2003 zum 31.01.2004 ausgesprochene Kündigung, die Gegenstand des weiteren Kündigungsrechtsstreits 3 Ca 489/03 vor dem Arbeitsgericht Ulm ist.

Nach der am 27.08.2003 erfolgten Zustellung des Urteils vom 22.08.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 05.09.2003 wegen vollendeten, hilfsweise versuchten Betrugs zu ihrem Nachteil erneut fristlos. Diese Kündigung ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens 3 Ca 489/03, welches vom Arbeitsgericht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens ausgesetzt worden ist. Über die hiergegen von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde ist noch nicht entschieden.

Nachdem dem Kläger am 09.09.2003 Vollstreckungsklausel erteilt worden war, hat dieser mit Schriftsatz vom 30.10.2003 wegen Nichtbeschäftigung gemäß Ziffer 4 des Urteils vom 22.08.2003 die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von EUR 25.000,00 gegen die Beklagte und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft bis zu sechs Monaten – zu vollstrecken gegenüber dem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten – beantragt. Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten. Zum einen überwiege aufgrund der von ihr erklärten weiteren fristlosen Kündigung vom 05.09.2003 nun wieder ihr Interesse an der Nichtbeschäftigung des Klägers dessen Interesse an der Weiterbeschäftigung. Zum anderen sei die Zwangsvollstreckung aus dem Beschäftigungstitel aber auch unzulässig, da es ihr unmöglich sei, den Kläger als Abteilungsleiter des Werkes 4 in P. zu beschäftigen. Die vom Kläger als solchem ausgeübten Funktionen seien mit Wirkung vom 01.08.2002 von den Arbeitnehmern B. und K. übernommen worden, worauf die Kündigungen vom 30.10.2002 zum 30.04.2003 und 31.07.2003 zum 31.01.2004 gestützt würden.

Das Arbeitsgericht hat mit dem der Beklagten am 19.12.2003 zugestellten Beschluss vom 16.12.2003 (ABl. 191 – 194), auf den verwiesen wird, gegen diese zur Erzwingung der Weiterbeschäftigung des Klägers gemäß Ziffer 4 des Urteils vom 22.08.2003 ein Zwangsgeld von EUR 5.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Zwangshaft von 10 Tagen, zu vollstrecken an deren Vorstandsmitglied H., festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Einwand, das Arbeitsverhältnis sei – jedenfalls – durch die fristlose Kündigung vom 05.09.2003 beendet, betreffe den titulierten Weiterbeschäftigungsanspruch selbst und sei daher im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO geltend zu machen. Mit dem Einwand, die Erbringung der Handlung sei ihr unmöglich, sei die Beklagte ausgeschlossen, weil sie diesen im Erkenntnisverfahren gegen den Weiterbeschäftigungsantrag hätte vorbringen können und müssen, was nicht geschehen sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer beim Arbeitsgericht am 02.01.2004 eingelegten sofortigen Beschwerde. Der Grundsatz, dass sachlichrechtliche Einwendungen mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen seien, gelte nicht uneingeschränkt. So sei der Erfüllungseinwand anerkanntermaßen auch im Verfahren nach § 888 ZPO...

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