Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels („Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Arbeiter”). Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit als – unzulässiger – Einwand im Zwangsvollstreckungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Weiterbeschäftigungstitel mit dem der Arbeitgeber zur „Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Arbeiter” verurteilt wird, ist hinreichend bestimmt und vollstreckbar.

2. Im Zwangsvollstreckungsverfahren über einen Weiterbeschäftigungstitel ist der Einwand des Vollstreckungsschuldners, die tatsächliche Beschäftigungsmöglichkeit sei entfallen, unzulässig.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 22.12.2006; Aktenzeichen 12 Ca 210/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 22.12.2006, Az.: 12 Ca 210/06, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 2.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte wehrt sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 16.01.2007 gegen einen ihr am 03.01.2007 zugestellten Beschluss des Arbeitsgericht Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 22.12.2006, durch welchen zur Erzwingung eines Weiterbeschäftigungstitels ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 2.000,–, hilfsweise zwei Tage Zwangshaft, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten, festgesetzt wurde.

Mit Urteil vom 12.07.2006 war festgestellt worden, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2006 nicht aufgelöst worden ist. Weiter war die Beklagte verurteilt worden, den Kläger über den Kündigungstermin hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Arbeiter weiter zu beschäftigen. Eingestellt worden war der Kläger als Polsterer; zuletzt war er in der Abteilung Kopfteil eingesetzt (Urteil vom 12.07.2006, ABl. 101 ff., 114f.).

Die Beklagte ist der Auffassung, dass es an der notwendigen Bestimmtheit des Weiterbeschäftigungstitels fehle, weil die konkreten Bedingungen der Weiterbeschäftigung sich weder aus dem Tenor, noch aus Tatbestand oder Entscheidungsgründen des Urteils vom 12.07.2006 ergäben. Der Hinweis auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers helfe nicht weiter, weil schon im Kündigungsschutzverfahren streitig gewesen sei, ob und in welchem Umfang der Kläger auf anderen Arbeitsplätzen eingesetzt worden war. Darüber hinaus sei der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers unmöglich. Sein früherer Arbeitsplatz sei entfallen. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an anderer Stelle im Betrieb bestehe nicht. Dies habe das Arbeitsgericht in der Entscheidung vom 12.07.2006 selbst festgestellt.

Die Beklagte beantragt deshalb,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg vom 22.12.2006 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 26.01.2007).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 793 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten, die gemäß § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt wurde, hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht durch Verhängung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, zur Erfüllung des Weiterbeschäftigungstitels angehalten. Das Beschwerdevorbringen der Beklagten rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

a) Die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Arbeiter gemäß Ziffer 2) des Urteils vom 12.07.2006 wird gemäß § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckt (Stein/Friedrich-Brehm, ZPO 2004, § 888 Rnr. 5). Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 02.01.2007 zugestellt, die Vollstreckungsklausel wurde am 11.01.2007 erteilt (§§ 704 Abs. 1, 724 Abs. 1, 750 Abs. 1 ZPO).

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Ein Weiterbeschäftigungstitel ist jedenfalls dann hinreichend bestimmt, wenn sich die Art der Beschäftigung aus dem Titel, gegebenenfalls unter Heranziehung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe, ergibt und zwischen den Parteien im Übrigen kein Streit über die auszuführende Tätigkeit herrscht, was bei einem Weiterbeschäftigungstitel nach unwirksamer Kündigung in der Regel angenommen werden kann (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2004, 8 Ta 3/04, n.v.; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.1997, 2a Ta 3/97, n.v.). Ob auch die „Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen” ausreicht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (bejahend Grunsky, ArbGG 7. Aufl. 1995, § 62 Rnr. 13a; ablehnend Schwab/Weth, ArbGG § 62 Rnr. 70; weitere Nachweise bei GK/ArbGG-Vossen, § 62 ArbGG Rnr. 11). Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus dem Tenor, dass der Kläger als Arbeiter we...

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