Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Beschluss vom 24.08.1993; Aktenzeichen 4 BV 6/93)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 19.07.1995; Aktenzeichen 7 ABR 60/94)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 24.08.1993 – 4 BV 6/93 – aufgehoben.

2. Der Antrag wird abgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Betriebsrat der Niederlassung … des Arbeitgebers (Antragsteller/Beschwerdegegner) verlangt, daß der Arbeitgeber (Antragsgegner/Beschwerdeführer) es in der Niederlassung … unterläßt, sowohl die dortige Belegschaft im ganzen als auch einzelne Belegschaftsangehörige auf irgendeine Art und Weise über die durch die Tätigkeit des Betriebsrates verursachten Kosten zu unterrichten. Die Berechtigung dieses Begehrens ist auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

In der Niederlassung … des Arbeitgebers, die Ende 1990 gegründet wurde und nach einer 1990 wirksam gewordenen strukturellen Änderung, wie andere Niederlassungen der Arbeitgeberin auch, quasi als Profit-Center geführt wird, wurde ein aus sieben Personen bestehender Betriebsrat gewählt. Ein Mitglied dieses Betriebsrates ist freigestellt.

Für die Belegschaft der Niederlassung … und der ihr zugeordneten Stellen fand am 19.03.1993 in der Stadthalle in … eine Betriebsversammlung statt, wegen deren Tagesordnung auf die Kopie der Einladung vom 09.02.1993 (Blatt 6 der Akten) verwiesen wird. Im Rahmen des Berichtes der Niederlassungsleitung … projizierte der Niederlassungsleiter vermittelst eines Overhead-Projektors 10 Folien, auf deren Ablichtungen (Blatt 21 bis 30 der Akten) wegen der Einzelheiten verwiesen wird, und nannte sich daraus ergebende Zahlen. Unter ihnen befand sich eine Folie, welche die Zusammensetzung des Deckungsbeitrages I der Niederlassung … für das Jahr 1992 betraf. Auf dieser Folie waren zum einen die Erträge zusammengestellt, die in den einzelnen Regionalabteilungen 1992 erzielt worden waren, zum anderen war jeweils durch eine mit Minuszeichen versehene Zahl angegeben, wie hoch 1992 der Aufwand war, der durch die Verwaltung und die Betriebsratstätigkeit entstanden war. Aus der Zusammenstellung ist ersichtlich, welcher Deckungsbeitrag I in der Niederlassung … nach Abzug der mit einem Minuszeichen versehenen Positionen 1992 erzielt wurde. Der Niederlassungsleiter teilte die einzelnen Zahlen kommentarlos mit. In den anderen Niederlassungen des Arbeitgebers im Bereich Württemberg waren Betriebsratskosten gegenüber der Belegschaft bisher nicht ausgewiesen worden. Jedenfalls zwei Angehörige des Betriebsrates wurden nach der Betriebsversammlung auf die Kosten der Betriebsratsarbeit angesprochen.

Der Betriebsrat begehrt mit seinem am 05.05.1993 beim Arbeitsgericht eingereichten Antrag, daß dem Arbeitgeber aufgegeben wird, es zu unterlassen, die Belegschaft seiner Niederlassung … im ganzen oder einzelne Belegschaftsangehörige, wie auch immer, über die durch die Tätigkeit des Betriebsrates verursachten Kosten zu unterrichten.

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, der Niederlassungsleiter sei nicht berechtigt gewesen, die Kosten der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen, schon gar nicht ohne näher zu erläutern, wie sich der mitgeteilte Betrag zusammensetzt. Durch die Art der Darstellung, die der Niederlassungsleiter gewählt habe, seien die Betriebsratskosten sozusagen als „Gewinnminderung” ausgewiesen worden. Diese Darstellung sei geeignet, den Betriebsrat bei der Belegschaft in Mißkredit zu bringen. Durch seine Darstellung habe der Niederlassungsleiter nicht nur gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen, sondern auch den Betriebsfrieden empfindlich gestört. Es sei Sache des Arbeitgebers sicherzustellen, daß sich eine solche Störung des Betriebsfriedens, bei der es sich um einen groben Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten handle, zukünftig nicht wiederhole.

Der Betriebsrat/Antragssteller hat beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen, die Belegschaft der Niederlassung … des Arbeitgebers in der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, sowie außerhalb der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, sowie einzelne Arbeitnehmer der Niederlassung … außerhalb der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, über die durch die Tätigkeit des Antragsstellers verursachten Kosten zu unterrichten.

Der Arbeitgeber/Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber hat vorab eingewendet, der Antrag sei unzulässig, weil nicht genügend bestimmt. Die in der Personalabteilung und der kaufmännischen Verwaltung mit der Zusammenstellung und der Bezahlung des sächlichen und persönlichen Aufwandes des Betriebsrates betrauten Personen müßten die Kosten des Betriebsrates kennen. Für den Antrag bestehe aufgrund seiner weiten Fassung auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Das Unterlassungsbegehren se...

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