Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung an den gestellten Antrag im PKH-Verfahren. Berücksichtigung der Fahrtkosten im PKH-Verfahren. Entferungspauschale im PKH-Verfahren. Antragsbindung. Niedrigere Ratenfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Prozesskostenhilfe(beschwerde)verfahren sind die Gerichte nicht befugt, dem Antragsteller mehr zuzusprechen (hier: eine geringere Rate), als dieser beantragt hat (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

2. Im Prozesskostenhilfeverfahren sind die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 3 Abs. 6 Nr. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII zu bemessen. Der dort genannte Pauschbetrag von monatlich EUR 5,20 pro Entfernungskilometer deckt jedenfalls derzeit noch die Betriebskosten einschließlich Steuer im Sinne einer Mindestabsicherung ab. Eine Berücksichtigung der Fahrtkosten nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien scheidet im Prozesskostenhilfeverfahren aus (im Anschluss an OLG Karlsruhe, 29.01.2009 – 2 UF 102/08).

 

Normenkette

ZPO § 308 Abs. 1, § 114; SGB XII § 82

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Beschluss vom 19.11.2008; Aktenzeichen 3 Ca 433/08)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 19.11.2008 – 3 Ca 433/08 – abgeändert:

Der Beteiligte zu 1 hat auf die Prozess-/Verfahrenskosten Monatsraten in Höhe von EUR 75,00 zu zahlen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Beteiligte Ziff. 1 (im folgenden: Kläger) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Höhe der vom Arbeitsgericht im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe festgesetzten Monatsrate.

Mit Beschluss vom 19.11.2008 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe im ersten Rechtszug und bestimmte zugleich, dass der Kläger auf die Prozess-/Verfahrenskosten Monatsraten in Höhe von EUR 155,00 zu zahlen habe. Gegen den ihm am 11.12.2008 zugestellten Beschluss legte der Kläger am 12.01.2009 sofortige Beschwerde ein und beantragte die Herabsetzung der Ratenhöhe auf monatlich EUR 95,00. Zur Begründung führte er an, dass zu Unrecht die Versicherungsbeiträge für die S.-Lebensversicherung von EUR 83,49 monatlich sowie die Tilgungsrate auf das Bauspardarlehen bei der L. von monatlich EUR 61,36 nicht berücksichtigt worden seien.

Im Rahmen seiner daraufhin erfolgten Anhörung teilte der Vertreter der Staatskasse mit, dass er einer Berücksichtigung der angeführten Beträge nicht entgegentrete. Zugleich wies der Vertreter der Staatskasse jedoch darauf hin, dass der Kläger die Fahrtkosten von der Wohnung zur Arbeitsstätte mit monatlich EUR 185,00 (richtig: EUR 189,00 = 21 Arbeitstage × 30 km × EUR 0,30) zu hoch bemessen habe. Maßgebend seien nicht die Bestimmungen des Einkommensteuerrechts, sondern diejenigen des § 3 Abs. 6 der Verordnung zu § 82 SGB XII (im Folgenden: Durchführungsverordnung bzw. DVO). Hiernach seien nur EUR 156,00 monatlich (EUR 5,20 × 30 km) abzusetzen.

Diesen Ausführungen schloss sich das Arbeitsgericht an. Es half der Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 20.05.2009 nur teilweise ab und setzte die monatlichen Raten auf EUR 115,00 fest. Im Übrigen half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landesarbeitsgericht vor.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens teilte der Kläger auf die Eingangsverfügung des Vorsitzenden vom 08.06.2009 ergänzend mit, die nach der Durchführungsverordnung abzusetzenden Fahrtkosten deckten die tatsächlichen Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht. Wie im Unterhaltsrecht seien für jeden tatsächlich gefahrenen Kilometer EUR 0,30 anzusetzen. Auf die weitere Verfügung des Vorsitzenden vom 01.07.2009 betreffend die Berechnung des durchschnittlichen Nettoeinkommens reichte der Kläger u.a. die Gehaltsabrechnung Dezember 2008 ein, aus deren Jahreswerten sich ein etwas geringeres Nettoeinkommen als vom Arbeitsgericht angenommen ergibt. Schließlich beantragte der Kläger auf den weiteren Hinweis des Vorsitzenden vom 12.08.2009, die Ratenhöhe verringere sich schon auf Grund des nunmehr ermittelten durchschnittlichen Nettoeinkommens und der seit 01.07.2009 geltenden Freibeträge auf EUR 75,00, die Ratenhöhe auf EUR 75,00 herabzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 19.11.2008 ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die sofortige Beschwerde ist auf Grund von neuem tatsächlichen Vorbringen des Klägers, das gemäß § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist, auch begründet.

1. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers stellen sich nach den im Beschwerdeverfahren ergänzend glaubhaft gemachten Angaben wie folgt dar: Das monatliche Nettoeinkommen des Klägers beläuft sich auf EUR 2.211,35. Das Arbeitsgericht war von einem etwas höheren Betrag von EUR 2.275,67 ausgegangen. Die unterschiedlichen Beträge finden ihren Grund darin, dass der Kläger über ein schwankendes Monatseinkommen verfügt. Während das Arbeitsgericht die bis August 2...

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